Berlin - Filme zu drehen, das sei keine Arbeit, sondern Teil des Lebens: "Die Arbeit beginnt, wenn man mit Kritikern über die Filme reden muss." Mit dunkel getönter Brille sitzt Catherine Deneuve vor einer kleinen Runde von Filmjournalisten in einem Berliner Hotel, ein angedeutetes Lächeln im Mundwinkel. Am Samstag wurde die französische Diva mit einem Europäischen Filmpreis für ihr Lebenswerk ausgezeichnet. "Natürlich ist das eine schöne Würdigung", sagt Deneuve und zieht an einer ihrer dünnen Damenzigaretten: "Doch es bedeutet mir nicht allzu viel. Nichts ist erreicht, ich bin immer noch am Leben! Solche Preise sind gefährlich, ich fühle mich ja noch nicht weit entfernt von meiner Laufbahn."
Die Coolness, die vielen Figuren zu eigen ist, steht ihr auch im richtigen Leben gut. Deneuve, die im Oktober ihren 70. Geburtstag feierte, ist nicht scheu, wie ihr manchmal nachgesagt wird - sie zieht es nur mit einiger Bestimmtheit vor, über ihre Filme, über das Kino zu sprechen. Etwa über die Arbeit mit Regisseur André Téchiné, mit dem sie gerade ihren siebten gemeinsamen Film, L'homme que l'on amait trop, abgedreht hat - da habe sie den Eindruck, etwas Besonderes geschaffen zu haben: "Mit Téchiné habe ich zwar Filme mit diversen Sujets gemacht, aber die Figuren gleichen einander alle ein wenig. Es ist, als würde man unterschiedliche Facetten einer Person herausschälen. Und dabei sprechen wir nicht einmal viel über die älteren Rollen."
Anders als ihre Schwester Françoise Dorleac, die 1967 bei einem Autounfall tragisch verunglückte, habe sie zu Beginn ihrer Karriere gar nicht gewusst, ob sie Schauspielerin bleiben wolle. "Ich hatte keine Träume, zumindest nicht, bis ich Jacques Demy traf, mit dem ich Die Regenschirme von Cherbourg gemacht habe. Davor wusste ich einfach zu wenig. Bei Demy war es anders: Wir nahmen zuerst die Lieder auf, es war ja ein Musical; der Dreh kam erst später. Es fühlte sich wie Leben an."
Der Film machte sie zum Star. Catherine Deneuve dachte aber nie strategisch, karriereorientiert, sondern bewies in ihrer Rollenwahl weiterhin Wagemut: Ekel mit Polanski, Belle de jour und Tristana mit Buñuel, La sirene du Mississipi mit Truffaut.
Generell stehe sie mehr auf der Seite der Regisseure und der Drehbuchautoren, hat sie einmal dem Regisseur Arnaud Desplechin anvertraut. "Die Schauspieler sind immerzu irgendwo beschäftigt - ich habe sie nur am Set getroffen", sagt sie und schränkt ein: "Das heißt jedoch nicht unbedingt, dass ich lieber mit den Regisseuren arbeite. Es hat sich einfach so ergeben."
Einer der wenigen Filmemacher, auf den sie selbst zuging, war Lars von Trier, da sie von Breaking the Waves so ergriffen war. Der Ruf des Regisseurs, seine Schauspielerinnen vor sich herzutreiben, habe sie nicht abgeschreckt: "Ich glaube, jeder ist ein wenig masochistisch. Und Von Triers Filme sind einfach interessanter als die der anderen. Wenn man leiden muss, dann lieber mit Lars von Trier!" Ein wenig Arbeit scheint das Filmemachen also doch zu machen. (kam, DER STANDARD, 9.12.2013)