Das Karl-Lueger-Denkmal am gleichnamigen Platz im Osten der Wiener Innenstadt.

Foto: Heribert Corn

Nach Nelson Mandelas Tod könnte der Name des südafrikanischen Ex-Präsidenten bald im Wiener Stadtplan verewigt werden. Die Stadtregierung zeigte sich am Freitag offen für den Vorschlag des Dokumentations- und Kooperationszentrum Südliches Afrika (SADOCC), eine Straße oder einen Platz nach dem Freiheitskämpfer zu benennen.

Der österreichische Anti-Apartheid-Aktivist und SADOCC-Vorsitzende Walter Sauer richtete seinen Vorschlag per Brief an Bürgermeister Michael Häupl: "Es sollte eine repräsentative Straße sein, kein Feldweg am Land", so der Geschichtsprofessor. Die Sandgasse in Wien-Döbling, der Sitz der südafrikanischen Botschaft, soll in die engere Auswahl kommen.

"Ein bisschen dürftig"

"Die Sandgasse ist ein bisschen dürftig, dorthin verirrt man sich nur, wenn man einen Urlaub in Südafrika plant", sagt Manfred Domschitz. Der Wiener ist der Kopf hinter der Initiative "Nelson-Mandela-Platz statt Karl-Lueger-Platz". Geht es nach ihm, dann soll ein Ort im Herzen Wiens an Mandela erinnern. Weil es aber keine namenlose Orte in der Innenstadt mehr gibt, wünscht sich Domschitz die Umbenennung des Karl-Lueger-Platzes.

Lueger war von 1897 bis 1910 Wiener Bürgermeister und hat laut neuerer Geschichtsforschung nicht nur viel für das städtische Sozialwesen getan, sondern war auch Wegbereiter eines modernen Antisemitismus.

"Nelson Mandela hingegen war nahezu einzigartig in der Weltgeschichte. Gandhi hatte vielleicht noch ein ähnliches Format", sagt Domschitz im Gespräch mit derStandard.at. Ein UNO-Standort würde besser daran tun, den zentralen Platz nach Mandela zu benennen, als nach Lueger, "den Hitler als einen der größten deutschen Bürgermeister bezeichnet hat", so Domschitz.

Soweto und Floridsdorf

Der Wunsch nach einer Umbenennung des Platzes beim Stubentor ist nicht neu. Seit im April 2012 der Karl-Lueger-Ring genannte Teilabschnitt der Ringstraße wegen der dunklen Flecken in Luegers Biografie in Universitätsring umbenannt wurde, taucht auch regelmäßig die Forderung nach einem neuen Namen für den Lueger-Platz auf.

Das aktuelle Begehren von Domschitz unterstützen bereits mehrere tausend Menschen auf Facebook. "Ich bin überrascht und erfreut über den großen Rückhalt. Die Befürworter decken die gesamte Breite der Gesellschaft ab, auch die Caritas hat den Aufruf geteilt", sagt Domschitz. Er plant, seine Privatinitiative mit einem Ansuchen an die Gemeinde bald offiziell zu machen.

Ganz ohne Kritik blieb der Appell allerdings bisher nicht. "Was hat Mandela für Wien geleistet? Welchen Bezug zu Österreich hatte er?", fragt ein User auf Facebook. Diese Einwände versteht Domschitz, der laut Eigenangabe vor Jahrzehnten selbst Flugblätter gegen die Apartheid in Wien verteilt hatte, nicht: "So zu denken ist kleinlich. Mandela hat allen Menschen die Hand ausgestreckt – egal ob sie aus Soweto oder aus Floridsdorf kommen. So sollten wir das auch sehen." (Michael Matzenberger, derStandard.at, 9.12.2013)