Es soll also verboten werden, was nach jahrzehntelangem Ringen 2010  auch in Spanien umgesetzt wurde: der legale und somit sichere Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft. Mit der absoluten Mehrheit im Parlament ist es ein Leichtes für die konservative Partido Popular, das Verbot durchzuboxen. Und weil der Entwurf sogar noch strenger ausfällt als das Gesetz von 1985, fällt Spanien damit auf ein Niveau zurück, das nur Irland und Malta innerhalb der EU halten.

Justizminister Alberto Ruiz Gallardón hat durchblicken lassen, er sehe nicht einmal im Falle einer "erwartbaren Behinderung" des Kindes einen Grund für eine Abtreibung. Und selbst wenn die Geburt bei der Mutter physische oder psychische Probleme verursache, müsste das von Ärzten "ganz konkret nachgewiesen werden". Somit ist eine Abtreibung nur noch im Falle einer Vergewaltigung erlaubt.

Jährlich sterben 47.000 Frauen bei illegalen Abbrüchen

Was das heißt, kann man in Ländern beobachten, in denen Schwangerschaftsabbrüche derzeit verboten sind. Jedes Jahr sterben rund 47.000 Frauen bei illegalen Abbrüchen, schätzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Es gibt in keiner Studie einen Nachweis, dass ein Verbot auch die Zahl der Abbrüche senkt, wohl aber einen nachgewiesenen Kausalzusammenhang zwischen sexueller Aufklärung, leistbaren Verhütungsmitteln und ungewollten Schwangerschaften.

In Spanien werden seit der Einführung der Fristenlösung jährlich etwa 120.000 Abbrüche registriert. Die Zahl wird sich durch ein Verbot nicht ändern. Allerdings wird ein Großteil davon künftig im Ausland oder in irgendwelchen Hinterzimmern stattfinden. Im schlimmsten Fall versuchen es die Frauen selbst zu Hause.

Der Rückwärtsgang der spanischen Regierung kommt im Deckmantel eines Glaubenskrieges daher, doch die treibende Kraft ist weniger die Moraldiktion der katholischen Kirche, als ein ultrakonservatives, meist männliches Klientel. Die psychische Belastung für Frauen, die sich zu diesem Schritt entschieden haben, ist ein Resultat der gesellschaftlichen Stigmatisierung - und nicht des Eingriffs.

Energie lieber für die geborenen Kinder aufbringen

Aktuell lebt fast ein Drittel der unter 18-Jährigen in Spanien unterhalb der Armutsgrenze, ohne Armutsspeisungen in Schulen wären diesen Sommer viele Kinder hungrig geblieben. Die Familien und alleinerziehenden Mütter bleiben trotz Rekordarbeitslosigkeit auf den Kosten für die Kindererziehung sitzen. Der Bildungsbereich erlebt eine Sparwelle nach der anderen.

Die spanische Regierung und die Kirche täten gut daran, sich mit derselben Energie den schon geborenen Kindern im Land zuzuwenden, die sie für ein Abtreibungsverbot aufbringen. (Julia Herrnböck, derStandard.at, 9.12.2013)