
Thomas König: näher am Zentrum der Regierung.
Das Koalitionsprogramm ist eine reine Auflistung von Wünschen "unter Maßgabe budgetärer Möglichkeiten", wie es auf Seite 32 heißt. Einen großen Wurf hinsichtlich Wissenschaft und Forschung kann auch ich darin nicht entdecken. Ich hege auch keine Illusion, dass die Auflösung des Ministeriums einem Masterplan gefolgt wäre; sie ist wohl einfach nur Ergebnis großkoalitionärer Arithmetik.
So weit, so schlecht. Trotzdem sehe ich im Zusammenlegen von Wirtschafts- und Wissenschaftsressort zumindest eine Chance. Aus einem pragmatischen Grund, der mit der Spitze zu tun hat. Wenn Herr Töchterle am Tag der Bekanntmachung erfährt, dass er sein Amt nicht behält, dann zeigt das an, wie weit er vom Zentrum der Entscheidungen in der Regierung entfernt war. Demgegenüber wird niemand bezweifeln, dass Herr Mitterlehner fest in eben diesem Zentrum verankert ist.
Österreichs Universitäten und Grundlagenforschungseinrichtungen brauchen kein eigenes Ministerium; sie brauchen mehr Ressourcen und Planungssicherheit. Das bedeutet, ein Platz im Zentrum ist besser als einer an der Peripherie. Die Beamten des Wissenschaftsministeriums sind Spitzenkräfte. Werden ihre "inhaltlichen" Sektionen (Unis und FHs sowie Forschung und Internationales) nun der Wirtschaft zugeschlagen, so besteht die Chance, dass sie politisch besser durchdringen - wenn der neue Chef Grundlagenforschung und Wissenschaft ernsthaft auf seine Agenda nimmt.
Dann stehen die Chancen auf ausreichende Dotierung der Unis und des FWF nicht schlecht - besser jedenfalls als unter einem eigenen Minister, der die letzten fünf Jahre schon nichts erreicht hat. Der symbolische Verlust eines eigenen Ministeriums wäre demgegenüber nachrangig. (Thomas König, DER STANDARD, 14./15.12.2013)