Ob die Stadt Wien ihre Straßenbahnen wieder bei Siemens kaufen wird, steht noch nicht fest. Immerhin hat die ÖBB hundert Schnellbahngarnituren in Floridsdorf bestellt.

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Wien - Von Großaufträgen wie 448 Windenergieanlagen, die Siemens für MidAmerican im US-Bundesstaat Iowa liefern wird, kann die Siemens AG Österreich (Sagö) derzeit nur träumen. Die Österreichtochter hat zwar mit Großaufträgen wie Elektrotriebwagenzügen für die Wiener S-Bahn volle Auftragsbücher, der Auftragseingang ist nach den Worten von Sagö-Chef Wolfgang Hesoun aber ausbaufähig.

Vor allem die Energiewende macht in Floridsdorf und den Trafowerken in Linz und Weiz zu schaffen, die Investitionsneigung der Versorger ist unterkühlt, obwohl der Bedarf an Netzausbau riesig ist. Das schlug sich in den Zahlen nieder: Umsatz, Ergebnis, Gewinn und Zahl der Beschäftigten der Siemens-Leitgesellschaft in Wien schrumpften teils empfindlich. Nach Jahren, in denen Sagö in München mehr Dividende als Gewinn ablieferte, schrumpfte das Ergebnis (EGT) von 596,9 auf 448,9 Mio. Euro, der mit 8300 Beschäftigten erwirtschaftete Sagö-Umsatz ging um 4,8 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro zurück. Gewinnvortrag (37 Mio. Euro) und Rücklagenauflösung fetteten den Bilanzgewinn auf 520 Mio. Euro auf, der fast zur Gänze im Stammhaus abgeliefert wird. Bei einem auf 31 Prozent erhöhten Eigenkapital hat das lokale Management damit kein Problem. Der Jahresüberschuss war übrigens ebenfalls von 717,9 auf 486,7 Millionen Euro dezimiert.

Zu schaffen macht insbesondere der 2005 von der VATech übernommene Industrieanlagenbau (VAI) in Linz. Das einstige Flaggschiff im heimischen Stahlwerksbau leidet unter Überkapazitäten auf dem Markt und Nachfragerückgang und steht - nicht zum ersten Mal - unter Verkaufsverdacht. "VAI steht nicht infrage", parierte Hesoun Fragen zur Zukunft des metallurgischen Fremdkörpers im Elektromulti, auch wenn Metallmarkt und Stahlwerksbau aktuell schwierig seien.

Insider berichten freilich, dass die Österreich-Repräsentanten in die vom Stammhaus durchgeführten Sondierungsgespräche zum VAI-Verkauf gar nicht eingebunden seien. Die Durchleuchtung - Analysten der Société Générale sollen den Unternehmenswert auf 800 Mio. Euro taxiert haben - erfolge im Rahmen der neuen Konzernstrategie, die Konzernchef Josef Kaeser im ersten Halbjahr 2014 schmieden will. Aktuelle VAI-Geschäftszahlen nannte ein Siemens-Sprecher nicht, bestätigte aber Informationen aus VAI-Kreisen in Linz, dass der einst zur Verstaatlichten gehörende Stahlwerksbau seit der VATech-Übernahme 2005 ein verlässlicher Dividendenbringer war: Seit 2006 flossen an die 1,3 Milliarden Euro an die Mutter. Den großen Einbruch verbuchte VAI bereits im Vorjahr, da brach der Umsatz von 936,6 auf 655,5 Mio. Euro ein. Verluste schreibt VAI bereits seit dem Geschäftsjahr 2010/11 (30. Sept.), im Vorjahr baute sie ihn von minus 18 auf minus 22,16 Mio. Euro aus, wobei 2011/12 auch der Cashflow mit 33 Mio. Euro negativ war.

Der großangekündigte Personalabbau geht offenbar großteils einvernehmlich über die Bühne:

"Am Ende des Tages werden wir rund hundert Mitarbeiter an den Arbeitsmarkt verlieren", sagte Hesoun. Die Siemens-Gruppe in Österreich erwirtschaftete mit 12.550 Mitarbeitern 3,5 Mrd. Euro Umsatz. (ung, DER STANDARD, 17.12.2013)