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Ayayayayayyy.
Madrid - Flamencosänger, Mariachigitarristen, Panflöten- und Didgeridoospieler, aber auch Rockmusiker und afrikanische Trommler - alle waren sie gekommen. Denn in ihrem Regulierungsdrang veranstaltete Ana Botella (Partido Popular), die konservative Bürgermeisterin Madrids, Anfang Dezember ein dreitägiges Casting, offiziell "Tauglichkeitsprüfung" genannt, für Straßenmusiker.
Für eine der begehrten Lizenzen hatten die Bewerber erst Lebenslauf und Details zu ihrer Musik vorzulegen, um dann vor einer Jury aufzuspielen. Diese urteilte über die Qualität. "Ich fühlte mich wie das 'Supertalent' der Straße", scherzte etwa Bluesgitarrist Jaime nach seinem Auftritt: "Streng waren sie aber nicht."
Dennoch scheiterten mehr als 30 Prozent an der Hürde, wie das Rathaus bekanntgab. Kritisiert wurden seitens der Teilnehmer unter anderem mangelnde Information und Transparenz sowie die geringe Vorbereitungszeit von weniger als einem Monat. Aber immerhin 318 (99 Solisten und 219 Bandmitglieder) von 460 Menschen, die angetreten waren, dürfen fortan im Zentrum der Metropole - das kürzlich zur "Akustischen Schutzzone" erklärt wurde - musizieren.
Perkussion ist Tabu
Unter Auflagen: Sie dürfen nicht länger als zwei Stunden durchspielen und müssen die Nachtruhe und die Siesta (15 bis 17 Uhr) respektieren, die Straße muss "breiter als sieben Meter" und die Musiker "mindestens 75 Meter vom nächsten Lokal oder Schaufenster entfernt" sein. Jegliche Perkussion, geschweige denn Lautsprecher und Verstärker sind klarerweise ein Tabu.
Botella, die übrigens als Bürgermeisterin, ohne gewählt zu werden, dem amtierenden Justizminister Alberto Ruíz-Gallardón folgte, ist drauf und dran, ihren Gatten, Ex-Premier José María Aznar, in puncto Unpopularität zu überflügeln. 2013 war ihr Annus horribilis: Ihre der Madrider Bewerbung keineswegs dienliche Rede vor dem Olympischen Komitee ist unter den Top-Ten-Peinlichkeiten des Time Magazine ("A relaxing cup of café con leche") gereiht, der Guardian tadelte ihre Verordnungen zur städtischen Sicherheit als "noch repressiver als unter Franco", und ein wochenlanger Müllabfuhrstreik brachte seitens der Weltpresse mehr Häme als den Bürgern Gestank. (jam, DER STANDARD, 20.12.2013)