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Josef Ostermayer.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Wien – Gabriele Heinisch-Hosek, die neue Unterrichtsministerin, hat bekanntlich keine Verwendung für die eher unpraktische Inneneinrichtung, die sich ihre Vorgängerin Claudia Schmied 2008 von Peter Noever zusammenstellen und entwerfen ließ. Doch nicht alle Möbel werden im Bundesmobiliendepot eingemottet werden: Josef Ostermayer, der neue Kanzleramtsminister (SPÖ), übernimmt das eine oder andere gute Stück, darunter einen Fauteuil von Le Corbusier. Denn dieser passe, sagte er bei einem "Hintergrundgespräch" mit Kulturjournalisten, zur bereits vorhandenen Ausstattung.

Man könnte diese Ansage als Zeichen deuten: Der Minister für den öffentlichen Dienst bekennt sich zur Kulturpolitik seiner Parteikollegin Schmied, aber nur in Teilen. Und er spricht auch schon über die Materie, obwohl er offiziell noch gar nicht zuständig ist. Denn bis zur Novellierung des Bundesministeriengesetzes, die wohl im Februar beschlossen werden wird, fungiert Ostermayer eigentlich als Frauenminister – und Heinisch-Hosek als Kulturministerin. Die beiden kamen aber freundschaftlich überein, die Aufgaben gleich jetzt zu tauschen.

Affinität zur Kunst

Ostermayer dürfte auch mehr zur Kultur zu sagen haben. Denn im Gegensatz zu Claudia Schmied, die zu Beginn ihrer Zeit als Ministerin nicht wusste, wer Erwin Wurm ist, hat der Burgenländer, der die Schulbank mit dem Filmregisseur Wolfgang Murnberger drückte, eine hohe Affinität zur Kunst: Nach der Matura habe er sich, so Ostermayer, überlegt, ob er Architektur, Jus oder Germanistik studieren solle; der Sohn eines Maurers entschied sich schließlich für den pragmatischen Weg (Jus), beschäftigte sich aber immer mit Kunst – und pilgerte eigenen Angaben nach "zweimal die Woche" ins Stadtkino.

Später, als er in Kärnten den Ortstafelstreit zu schlichten hatte, hätte er Cornelius Kolig in seinem Paradies besucht und das Museum von Herbert Liaunig. Nachholbedarf habe er, bekannte Ostermayer ein, lediglich im Bereich der Oper; diese will er nur zweimal im Jahr von innen gesehen haben. Generell aber: Kunst als Neigung. Und nun auch als Pflicht.

Alle wollen mehr Geld

Dass der enge Vertraute von Bundeskanzler Werner Faymann die Kulturagenda übernehmen werde, machte bereits Wochen vor der Besiegelung des Koalitionspakts die Runde. Dominique Meyer, der feinhumorige Staatsoperndirektor, antichambrierte daher bei Ostermayer, bevor dieser noch angelobt war. Und die Liste jener, die nun einen Termin begehren, ist lang. Denn alle wollen mehr Geld. "Es gibt eine beträchtliche Erwartungshaltung", sagt Ostermayer nüchtern. "Ich weiß nicht, ob ich sie erfüllen kann."

Im Regierungsprogramm verspricht die große Koalition keine Wunder: Es werde bloß "bedarfsorientierte Basisabgeltungen" für die Bundestheater, die Bundesmuseen und  die Nationalbibliothek geben. Man möchte aber zumindest ein "Kulturinvestitionskonto" für Baumaßnahmen in öffentlich geförderte Kunst- und Kultureinrichtungen zur Konjunkturbelebung schaffen.

Konkreter wird auch Ostermayer nicht: "Ermöglichen" sei zwar die primäre Aufgabe, die Budgetverhandlungen mit dem Finanzminister werde er aber erst führen müssen. Außerdem habe die Regierung ja fünf Jahre Zeit, all das umzusetzen, was sie sich vorgenommen hat. Und manches wird vielleicht nicht gelingen.

Haus der Geschichte

Ob zum Beispiel das "Haus der Geschichte", das als Zombie im neuen Programm auferstanden ist, realisiert werden könne, hänge eben von der Finanzierbarkeit ab. Die Frage, wie die Chancen für einen Tiefspeicher der Nationalbibliothek unter dem Heldenplatz (ebenfalls im Regierungsprogramm erwähnt) stehen, konnte man sich daher sparen. Und Ostermayer sprach das Thema auch nicht an.

Recht offen äußerte er sich hingegen zum Vorhaben, dass Zuwendungen zur Erhaltung von Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen, beziehungsweise an öffentlich finanzierte Kunst- und Kultureinrichtungen sowie für Ankäufe zeitgenössischer Kunst steuerlich absetzbar sein sollen.

Bisher waren alle Kunstminister oder Kunststaatssekretäre an der Umsetzung gescheitert. Denn die Finanzminister wollten die Entscheidung, wohin das Steuergeld fließt, nicht dem kunstaffinen Bürger überlassen. Ostermayer hingegen sieht keine gröberen Schwierigkeiten, wenn der Nutzen größer sei als der Schaden. Schließlich sind ja schon jetzt Spenden für charitative Organisationen absetzbar.

Zeitgemäßes Urheberrecht

Ein echtes Anliegen scheint ihm nebem "Kultur für alle" (in Ostermayers Diktion auch für jene, „die nicht auf die Butterseite gefallen sind"), die Umsetzung eines zeitgemäßen Urheberrechts zu sein, das auch im Regierungsprogramm erwähnt wird. Er habe bereits mit Gerhard Ruiss, dem Sprecher der IG Autorinnen Autoren, und einigen Filmregisseuren (Michael Haneke, Stefan Ruzowitzky, Karl Markovics) geredet.

Geistiges Eigentum müsse als Wert anerkannt werden, er wolle die "Stakeholder" – ein neuer Begriff im Kulturbereich – an einen Verhandlungstisch holen. Ob die Festplattenabgabe angesichts der "Cloud" die beste Lösung sei, bezweifelt Ostermayer. Aber wenn man keine beste Lösung finden könne, dann sei die gute die bessere. Einen Termin wollte er nicht nennen: um weder sich selbst noch andere unter Druck zu setzen.

Bei seinem Erstgespräch in Wohlfühlatmosphäre rund um eine Schüssel mit frischem Obst (die Bananen waren einen Tick zu grün) nahm Ostermayer auch zum ORF Stellung. Es werde dem Sender "gut tun", den Anteil österreichischer Produktionen unabhängig von der Gebührenrefundierung anzuheben, sagte der Kanzleramtsminister, der nicht im Kanzleramt, sondern im Palais Dietrichstein-Ulfeld am Minoritenplatz residieren wird. Seine Filmregisseurfreunde werden es ihm danken. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 21/22.12.2013)