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Der Halbzeitführende Thomas Diethart behielt auch in der Entscheidung die Nerven und sprang zu seinem ersten Weltcuperfolg.

Foto: EPA/FREDRIK VON ERICHSEN

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Ein neues Siegergesicht im Springer-Zirkus.

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Kaum haben sich die Neujahrskater verkrochen, kaum sind die Leerflaschen entsorgt, kaum ist das Radetzkymarschklatschen verstummt, da hat sie sich auch schon wieder zugespitzt, die Vierschanzentournee. Und es war am Mittwoch in Garmisch-Partenkirchen von einem Märchen die Rede, von einem Märchen, das sich fortgesetzt hat.

Es ist das Märchen des Thomas Diethart, eines 21-jährigen Senkrechtstarters aus Michelhausen bei Tulln. Vor kurzem sprang er noch in der zweiten Liga, im sogenannten Kontinentalcup, dann sprang er im Weltcup für einen Kollegen ein, quasi stante pede sprang er auf einen vierten und einen sechsten Platz in Engelberg, damit sprang er ins Tournee-Aufgebot. In Oberstdorf sprang er auf Rang drei, und als Sieger in Garmisch-Partenkirchen sprang er zur Führung.

Diethart verwies am Neujahrstag und verweist auch insgesamt den Kärntner Thomas Morgenstern und den Schweizer Simon Ammann, Sieger in Oberstdorf, auf die Plätze. Sein Sieg war ein überaus souveräner, einer mit Bestweite in beiden Durchgängen (141 bzw. 140,5 Meter). Da konnte Morgenstern (zweimal 139) nicht ganz mithalten. Und Diethart tat, was er schon in Oberstdorf getan hatte. Er schaute mit großen Augen eher ungläubig drein.

Wobei er, schon Bester in der Qualifikation, sich den Erfolg sehr wohl zugetraut hatte. "Was ich momentan mache, funktioniert einfach. Da brauch ich gar nicht drüber nachdenken oder irgendetwas anders machen." Das Gefühl, als letzter Springer oben zu stehen, sei "richtig geil", diese Geilheit setze sich in der Anfahrt, beim Absprung, in der Luft und bei der Landung wie selbstverständlich fort. "Ein Telemark, und dann passt das schon."

Ausgerechnet Morgenstern, Dietharts erster Verfolger nach dem ersten Durchgang, hatte zur Halbzeit kritisiert, dass Diethart einmal nur die Note 18,5 erhalten hatte, übrigens ausgerechnet von der österreichischen Punkterichterin. In der Entscheidung gab's für Diethart dreimal 19,5 sowie zweimal 19,0. Morgenstern ist nun, da es zu den Heimspringen nach Innsbruck (4. Jänner) und Bischofshofen (6. Jänner) geht, neben Ammann der größte Gegner Dietharts. Es sieht ganz nach einem Dreikampf aus, auf Rang vier liegt übrigens der 41-jährige Japaner Noriaki Kasai, der 1993 in Garmisch gewonnen hatte, im Jahr nach Dietharts Geburt.

Auch gute Geschichten

Auch Morgenstern und Ammann würden als Gesamtsieger eine wunderbare Geschichte liefern. Schließlich bestreitet Morgenstern die Tournee nach einem schweren Sturz mit einem gebrochenen kleinen Finger, und schließlich hat Ammann schon alles, nur noch keine Vierschanzentournee gewonnen.

Alle anderen liegen wohl schon zu weit zurück. Gregor Schlierenzauer, in Oberstdorf Neunter, dürfte in Garmisch als Achter seine Chancen auf den dritten Gesamtsieg en suite vergeben haben. Dem Tiroler macht ein Problem mit seiner Anfahrtshocke zu schaffen. "Ich hab das noch immer nicht im Griff." Auch Michael Hayböck, der seinem siebenten Oberstdorf-Platz einen 24. folgen ließ, kommt für den sechsten österreichischen Gesamtsieg en suite nicht mehr infrage. Wenn einer die Serie fortsetzt, die von Wolfgang Loitzl (2009) über Andreas Kofler (2010) und Thomas Morgenstern (2011) bis zum zweifachen Schlierenzauer reicht, so wird er wohl den Vornamen Thomas tragen.

Loitzl (34) fühlt sich, wie er kürzlich in einem Gespräch mit der Austria Presse Agentur sagte, von Diethart an sich selbst und an 2009 erinnert. "Da habe ich einen Lauf gehabt, und es ist vieles von allein gegangen. So schaut es bei ihm auch aus. Er kann locker drauflosspringen, er hat nichts zu beweisen. Er hat schon viel mehr in diesem Winter erreicht, als er sich erwartet hat. Das macht einen Springer dann umso stärker." (Fritz Neumann, DER STANDARD, 2.1.2014)