Schicksalsjahre pflegen sich nicht vorher anzukündigen, und meist lässt sich erst aus der Distanz der Geschichte beurteilen, wann welche entscheidenden Weichenstellungen erfolgt sind. Wer hätte schon die Selbstverbrennung eines jungen tunesischen Gemüsehändlers im Dezember 2010 richtig eingeschätzt?
Im Nahen Osten lassen sich für 2014 dennoch einige konkrete Entscheidungen voraussagen. Ende April läuft die neunmonatige Frist ab, die sich Israelis und Palästinenser für ihre Verhandlungen gesetzt haben. Wenn es bis dahin - mit massivstem Einsatz der USA - nicht gelingt, eine tragfähige Grundlage für einen Palästinenserstaat zu schaffen, wird man den Status quo nur schwer halten können: Dann ist die palästinensische Autonomie in der Form, wie sie im Oslo-Prozess geschaffen wurde, wohl Geschichte.
Die zweite Deadline fällt in den Sommer: In Kürze beginnt die sechsmonatige Frist zu laufen, innerhalb derer die P-5+1 (Uno-Vetomächte und Deutschland) zu einer Vereinbarung mit dem Iran im Atomstreit kommen wollen. Auch hier kann es höchstens kurze Verzögerungen geben: Die Entscheidung, ob die Welt mit einem gezähmten iranischen Atomprogramm leben kann, wird heuer fallen. Und fast noch spannender ist die Frage, was das für die Beziehungen des Iran zum Westen bedeutet und für seine Position in der Region - und ob das einen israelisch-palästinensischen Friedensschluss leichter oder schwerer macht. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 2.1.2013)