Betroffen seien nur die reichsten zehn Prozent: Grüner Mandatar Rossmann will Ängste vor der Erbschaftssteuer nehmen.

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Wien - Auf dem Tisch türmen sich Geschenke, als feierten die Grünen gerade erst Weihnachten. Eigentlich seien die Packerln zu klein geraten, sagt Bruno Rossmann, will dies aber nicht als Kritik am Christkind verstehen. Vielmehr versucht der Nationalratsabgeordnete zu symbolisieren, was die Regierung mit ihrem Verzicht auf eine Erbschaftssteuer betreibe: "Sie verschenkt Milliarden an Reiche und Superreiche."

Wie viel, ließ der grüne Budgetsprecher in einer Studie untersuchen. Anhand der Vermögensdaten der Oesterreichischen Nationalbank und Sterbetafeln haben Wilfried Altzinger und Stefan Humer vom Institut für Geld- und Finanzpolitik der Wirtschaftsuniversität Wien errechnet, welche Summe eine neu eingeführte Erbschaftsteuer für die Staatskasse abwerfen könnte. Zentrales Ergebnis: "Selbst bei generösen Freibeträgen käme ein beträchtliches Volumen zusammen", sagt Altzinger zum Standard. Anders als oft behauptet, sei es "sicher nicht so, dass der Verwaltungsaufwand für diese Steuer die Erlöse auffrisst".

In ihrer Untersuchung weisen die Autoren ein stark wachsendes Potenzial aus. Mit dem Altern einer gut situierten Generation werde sich das Volumen der Erbschaften von derzeit rund zehn Milliarden Euro bis 2030 verdoppeln, die Zahl der Erbschaften von 40.000 auf 60.000 anschwellen. Demnach würden auch die Einnahmen mit den Jahren steigen.

Aufkommen "unterschätzt"

Eine Beispielsrechnung: Bis zu 500.000 Euro bleibt Erben steuerfrei, über diesem Freibetrag setzt ein progressiver Steuersatz ein, der von zehn auf 25 Prozent (ab 950.000 Euro) reicht. In dieser Variante würde eine Erbschaftssteuer eine Milliarde (ad hoc) bis 1,5 Milliarden (2030) bringen - mindestens, wie Autor Humer sagt: Weil die vorliegenden Vermögensdaten die reichsten Haushalte nur unzureichend erfassten, werde das Aufkommen in der Studie "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" unterschätzt.

Rossmann rechnet noch eine weitere Milliarde dazu, die eine entsprechende Steuer auf das in Privatstiftungen geparkte Vermögen brächte. Es gehe also keinesfalls um "Bagatellsteuern", sondern um Summen, mit denen sich die von der Regierung versprochene - und vorerst verschobene - Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer finanzieren lasse.

Voraussetzung sei aber, dass die neue Erbschaftssteuer anders berechnet werde als ihre 2008 abgeschaffte Vorgängerin: Bei Immobilien müssten statt der veralteten, niedrigen Einheitswerte realistische Verkehrswerte herangezogen werden. Ausnehmen will Rossmann von der Steuer weder Land- und Forstwirtschaft noch andere Betriebe. Ob Unternehmer, die ihr Vermögen ja nicht flüssig haben, da nicht in die finanzielle Bredouille geraten könnten? "Die Steuer soll keinen Betrieb umbringen", beschwichtigt der Grüne - Möglichkeiten zur Stundung der Zahlungen seien daher sinnvoll.

Auch eine andere Angst versucht Rossmann zu nehmen: jene, dass eine Erbschaftssteuer die Mittelschicht schröpfe. Dank des Freibetrags von einer halben Million, versichert er, treffe das grüne Modell lediglich jene obersten zehn Prozent der Haushalte, die zwei Drittel des gesamten Vermögens im Land besäßen.

Bei der SPÖ rennen die Grünen mit ihrer Forderung offene Türen ein; die ÖVP hingegen stemmt sich bisher erfolgreich dagegen. (Gerald John, DER STANDARD, 3.1.2014)