Der neue Wirkstoff für chronisch Nierenkranke basiert auf dem natürlich vorkommenden Friedländer Ton.

Foto: FIM Biotech GmbH

Ein Dialysepatient verbringt etwa 15 Stunden pro Woche im Krankenhaus zur Blutwäsche. Betroffene können Phosphate nicht mehr in ausreichenden Mengen ausscheiden, der Phosphatspiegel im Blut erhöht sich. In der Folge lagert sich Kalziumphosphat in den Gefäßen ab, was langfristig zu Herzerkrankungen und zum vorzeitigen Tod führen kann. Menschen mit geschädigter Nierenfunktion haben gegenüber Gesunden ein mindestens zehnfach erhöhtes Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden.

Chronisch niereninsuffiziente Patienten sollten daher zu den Mahlzeiten Phosphatbinder einnehmen, die das Phosphat aus der Nahrung im Darm und im Magen binden, sodass es nicht ins Blut aufgenommen, sondern unverdaut ausgeschieden werden kann. Das Problem: Die erhältlichen Medikamente wie Kalzium- und Aluminiumsalze verursachen beträchtliche Nebenwirkungen wie Verstopfung, einen erhöhten Kalziumspiegel im Blut und neurologische Störungen.

Schonende Alternative

Doch chronisch kranke Nierenpatienten dürfen hoffen: Forscher des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie IZI in Rostock haben in Zusammenarbeit mit FIM Biotech einen effektiven, gut verträglichen Wirkstoff entwickelt. Er basiert auf Friedländer Ton aus Mecklenburg-Vorpommern – Tonmineralen, die vor 60 Millionen Jahren durch Meeresablagerungen von Vulkanasche entstanden sind. Um den Arzneistoff herstellen zu können, wurde die Tonerde zunächst gereinigt und anschließend mit einem speziellen Verfahren technisch bearbeitet und veredelt.

In Labortests und Versuchen mit Zellkulturen konnten die Forscher die hohe Bindekapazität für Phosphat und die gute Verträglichkeit des Tonminerals nachweisen. "Der aus rein mineralogischen Rohstoffen gewonnene Phosphatbinder ist ebenso wirksam wie herkömmliche Pharmapräparate. Er kann den bei Nierenkranken hohen Phosphatspiegel senken", sagt der Rostocker Nephrologe Steffen Mitzner. Anders als die üblichen Medikamente würde der neue Wirkstoff im Tierversuch außerdem nur "geringe Nebenwirkungen" hervorrufen.

Zudem vermuten die Forscher, dass sich auch entzündliche Darmerkrankungen mit dem veredelten Naturrohstoff behandeln lassen. Derzeit untersuchen sie im Tiermodell, in welchem Umfang die Tonminerale den Verlauf von künstlich ausgelösten Entzündungen positiv beeinflussen können. Die Wissenschaftler gehen davon aus, mit den klinischen Studien im Frühjahr 2014 beginnen zu können. Erste Patienten könnten bereits dann von dem neuen Wirkstoff profitieren. (red, derStandard.at, 2.1.2014)