Bild nicht mehr verfügbar.
Neuer Präsident des Bundesverwaltungsgerichts: Harald Perl.
Wien – Es ist die größte Verwaltungsreform der Zweiten Republik – aber wie viel sie an Einsparungen bringt, ist noch nicht zu beziffern: Harald Perl, Präsident des in dieser Woche eröffneten Bundesverwaltungsgerichts geht davon aus, dass man frühestens mit Vorliegen des Bundesrechnungsabschlusses 2014 wissen wird, was sich der Staat dadurch erspart, dass er rund 120 Sonderbehörden – darunter etwa das Bundesvergabeamt oder die Datenschutzkommission – aufgelöst und deren Kompetenzen legistisch den Verwaltungsgerichten zugeordnet hat.
Was der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG), Harald Perl, allerdings jetzt schon sagen kann: Die Schaffung der Verwaltungsgerichte ist "eine der größten Veränderungen der Nachkriegszeit im Bereich Rechtsschutz in der öffentlichen Verwaltung". Dabei geht es um einen prinzipiellen Systemwandel: Wenn Behörden bisher mit Bescheid entschieden haben, dann konnten sich die Betroffenen nur an die übergeordnete Behörde wenden, um von den dortigen Beamten wiederum einen Bescheid (mit möglicherweise anderem Inhalt) zu bekommen.
Jetzt aber wird der europäischen Rechtsstandards entsprechende Zustand hergestellt, dass in zweiter Instanz ein Gericht entscheidet. Bei Angelegenheiten der Bundesverwaltung ist das eben Perls Bundesverwaltungsgericht.
Bis zu 40.000 Fälle erwartet der Präsident pro Jahr für die 169 Richter, 80 juristischen Mitarbeiter und 189 nicht-juristischen Beschäftigten, die teilweise aus den nun aufgelösten Behörden rekrutiert worden sind. Neu ist auch, dass an einem Teil der Entscheidungen 850 fachkundige Laienrichter mitwirken sollen – insbesondere bei Sozialverfahren (über Zuerkennung oder Höhe des Arbeitslosengeldes und in Behindertenangelegenheiten), Dienst- und Disziplinarverfahren oder Vergabeverfahren. Die entsprechenden Senate werden dann mit einem Berufsrichter und zwei Laienrichtern besetzt.
Erkenntnis statt Bescheid
Der Weg, um vor dem Bundesverwaltungsgericht Recht zu bekommen, führt wie bisher zunächst zu jener Behörde, die den zu bekämpfenden Bescheid erlassen hat. In offener Frist (in der Regel sind das vier Wochen, Genaueres steht in der jeweiligen Rechtsmittelbelehrung) kann man gegen einen Bescheid Beschwerde einlegen.
Das kostet meist 30 Euro an Gebühren und ist an keine besondere Form gebunden, es herrscht auch keine Anwaltspflicht, wohl aber die Verpflichtung, die Einwände zu begründen: "Eine nicht juristische Wortwahl ist von sekundärer Bedeutung, wir gehen davon aus, dass uns die Beschwerdeführer ihr Anliegen darlegen", sagt Perl.
Nun hat die Behörde üblicherweise zwei Monate Zeit, ihre Entscheidung abzuändern oder besser zu begründen. Der Beschwerdeführer kann nun verlangen, dass nach dieser Vorentscheidung der Verwaltungsgerichtshof binnen sechs Monaten per Erkenntnis endgültig entscheidet. Endgültig deshalb, weil nur bei wesentlichen Rechtsfragen eine Revision durch den Verwaltungsgerichtshof zulässig ist. (cs, derStandard.at, 3.1.2014)