Geschäftsführer und Gesellschafter (4,5 Prozent) von Vice CEE: Stefan Häckel (37).

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Beste Zeitschrift 2013 bei den deutschen "Lead Awards": die Syrien-Ausgabe des Gratismagazins "Vice".

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New York/Wien - Sie versprechen "die besten Hasch-Spezialitäten aus Colorado", berichten von russischen "Kopfgeldgräbern" und helfen, "deinen inneren Prolo mit ein bisschen Wintersport" zu verbinden. Für Marken wie Sony entwickeln sie Aktionen und Beiträge, behandelt wie redaktioneller Content, sagt ihr Wiener Manager Stefan Häckel. 2014 planen sie einen Newskanal, insbesondere auf Youtube. Ein "CNN der Generation Y", sagt der österreichische Vize-Chefredakteur von "Vice", Markus Lust.

Den Medienmulti Rupert Murdoch (82) hat der Weltkonzern der roheren Jugendkultur 2013 angesteckt: Für 52 Millionen Euro beteiligte er sich mit fünf Prozent an der New Yorker Vice-Mutter - das ergibt gut eine Milliarde Unternehmenswert für die Gruppe um das Gratismagazin, Onlineplattformen, Videoproduktion, Webkanäle mit 34 Ländertöchtern mit gut einer Milliarde Euro.

Einstellige Millionen

"Gut zwischen einer und zehn Millionen Euro" setzt Vice CEE in Wien um, sagt Stefan Häckel. Er ist wie Niko Alm Geschäftsführer und hält wie Alm mit 4,5 Prozent an Vice CEE. Aus dem lokalen Personal zudem beteiligt: Christoph Hofer (4,5 Prozent), Bernhardt Schmidt (4,25), David Zuderstorfer (4,25) und Katharina Schinkinger (1,5 Prozent.) 76,5 hält Vice UK Limited in London. Mit den Töchtern Super-Fi, farmor und nked beschäftigen sie 67 Angestellte, mit Freelancern 80. Derzeit aufgeteilt auf drei Standorte im vierten Bezirk, 2014 suchen sie einen neuen, gemeinsamen Standort.

Nicht zuletzt, um mehr Bewegtbild zu produzieren, das derzeit "größte Projekt" von Vice, sagt Häckel im Gespräch mit dem STANDARD. International wie national. Aber so genau lässt sich das in diesem Jugendmedienweltkonzern ohnehin nicht abgrenzen. 

"Invasiver Journalismus"

Der Channel Vice News, der einmal 24 Stunden und sieben Tage die Woche laufen soll, ist ein globales Projekt, mit Google und Youtube. Tagesaktuelles Weltgeschehen soll er aus der - oft eigenen - Vice-Perspektive zeigen. "Niemand berichtet von der Fashion Week in Pakistan oder wenn Dennis Rodman in Nordkorea Basketball spielt", sagt Häckel. Tim Pool geht für Vice mit dem Google Glass durch Polizeibarrikaden auf den besetzten Maidan in Kiew. Ausführlich berichtete Vice etwa aus Syrien und von Occupy Gezi in Istanbul. Oder von heimischen Flüchtlingstragödien, erinnert Lust. "Invasiver Journalismus", beschreibt Häckel den Zugang.

Die Dependance in Wien versucht ihre eigenen Zugänge zu den Nachrichten - etwa mit einem Besuch bei einem Drohnen-Hersteller in Wiener Neustadt, wenn Amazon laut über die Paketzustellung mit solchen unbemannten Fluggeräten nachdenkt. Vice CEE filmt aber auch, näher am Ursprung des unerschrockenen Jugendmediums,  in Warteschlangen vor "Frei.Wild" im Gasometer. Sechs fix Angestellte zählt Häckel für die TV-Produktion am Standort Wien.

"Sexdrugsandrock'n'roll"

"Gar nicht uninteressiert" ist die "Sexdrugsandrock'n'roll-Zielgruppe" an Information, sagt Häckel. Wie Vice die Nationalratswahl coverte, beschäftigte auch die ZiB 24. Mit Sendern wie ORF, Servus TV, Puls 4, aber auch Onlinemedien spricht Vice laut Häckel über Video-Zulieferung oder eigene Sendungsformate.

Der vor allem für seine Serien viel gerühmte US-Abokanal HBO hat "Vice"-Dokus im Programm. Die New Yorker Zentrale produziert auch fiktionale Spielfilme, erinnert Häckel etwa an "White Lightning" (2009).

"Vermählung von Stories und Brands"

Nicht allein national und international oder auch Genres sind bei Vice kaum klar abzugrenzen: Auch für kommerzielle Auftraggeber wie Sony, Lufthansa, Philips, Microsoft, Bombay Sapphire entwickelt die Mediengruppe "interessante Geschichten", im Fachjargon "Branded Content". Vice organisiert und zeigt etwa ein Shooting einer Fotografin mit dem Sony Experia, erzählt Häckel. Im Ergebnis "Content für unsere Zielgruppe, gleich behandelt wie redaktioneller Content", sagt er, "nicht nur lustige Leute mit lustigen Texten. Es müssen interessante Geschichten sein." Managing Editor Lust kündigt "mehr Vermählungen von Stories und Brands" an.

Ösi-Noisey

Neben mehr Vice News und "mehr Branded Content" (Lust) will sich der Wiener Stützpunkt auch den Nebenkanälen von "Vice" widmen. Die international längst laufenden so genannten "Verticals", Ableger quasi: "Noisey" für Musik, "Thump" für elektronische Musik, "Motherboard" für "Geschichten hinter der Technologie" (Häckel) und "Creators Project" für Kunst und Performance - das übrigens eine Kooperation mit Intel.

"2014 werden die Verticals der Reihe nach auch nach Österreich geholt", kündigt Lust an. "Damit wird sich noisey.vice.com/alps auch inhaltlich von seiner deutschen Bruder-Website ablösen". Neben internationalen Inhalten sollen dort ab 2014 auch Features zu österreichischen Bands und Musikphänomenen laufen.

"i-D" auf Deutsch

Nicht jeder aus der "Vice"-Zielgruppe kennt womöglich noch "i-D" aus London. Den Londoner Verlag hat Vice inzwischen übernommen, ab April 2014 soll es eine deutschsprachige Ausgabe des britischen Mode- und Szenemagazins geben, sagt Häckel, eine Gemeinschaftsproduktion mit Vice Deutschland, und alleine im Web. Das (weiter erscheinende britische) Printmagazin muss "im digitalen Zeitalter ankommen". (fid, DER STANDARD, derStandard.at, 4./5./6.1.2014)