Brüssel - Die Angst vor einer Deflation in der Eurozone nimmt wieder zu. Die Verbraucherpreise stiegen laut Eurostat im Dezember im Jahresvergleich nur um 0,8 Prozent (in Österreich lag die Inflationsrate im November bei 1,4 Prozent, Anm.) Ökonomen hatten damit gerechnet, dass die Teuerungsrate auf dem November-Niveau von 0,9 Prozent verharrt. Sie liegt damit weit unter dem Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB), die nur bei Werten von knapp unter zwei Prozent von stabilen Preisen spricht. Ökonomen halten es für möglich, dass die EZB ihre Geldpolitik nun erneut lockern wird.

Furcht vor Preisverfall

"Die EZB kann sich angesichts der Deflationsrisiken nicht zurücklehnen", sagte ING-Experte Peter Vanden Houte. Erst im Oktober war die Inflationsrate auf 0,7 Prozent und damit den niedrigsten Wert seit fast vier Jahren gesunken. Das löste Befürchtungen vor einem Preisverfall auf breiter Front aus, zumal die Unternehmen in Eurokrisenstaaten wie Griechenland angesichts von Rezession und hoher Arbeitslosigkeit auch künftig kaum höhere Preise durchsetzen dürften.

Die EZB reagierte umgehend und senkte ihren Leitzins auf das Rekordtief von 0,25 Prozent, um mit billigem Geld die Gefahr japanischer Verhältnisse erst gar nicht aufkommen zu lassen. Japan hat mehr als ein Jahrzehnt lang gegen die Folgen der Deflation gekämpft. In Erwartung sinkender Preise hielten sich Verbraucher und Firmen mit Käufen zurück, was die Konjunktur schwer belastete. Ökonomen gehen davon aus, dass die Teuerungsrate in der Eurozone auch in den kommenden Monaten niedrig bleiben wird. "Insgesamt sind im Euroraum weit und breit keine inflationären Tendenzen zu erkennen", sagte Postbank-Experte Heinrich Bayer. "Wir gehen davon aus, dass sich hieran auch im laufenden Jahr nichts Wesentliches ändern wird." Für 2014 rechnet die EZB mit einem Preisanstieg von 1,1 Prozent, 2015 von 1,3 Prozent.

Lockerung der Geldpolitik denkbar

Der geringe Preisdruck eröffnet ihr die Möglichkeit, die Geldpolitik weiter zu lockern. "Wir erwarten, dass die Notenbank weitere Maßnahmen ergreifen wird, um die Kreditvergabe anzukurbeln", sagte Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. Die Banken der Eurozone hatten ihre Darlehen an Unternehmen zuletzt so kräftig zurückgefahren wie noch nie, was Investitionen und damit die Konjunkturerholung gefährdet. In der EZB wird deshalb darüber diskutiert, den Banken einen Strafzins aufzubrummen, wenn sie Geld von der EZB horten, anstatt es als Kredite an Unternehmen weiterzureichen.

Bei der Sitzung des EZB-Rates an diesem Donnerstag - der ersten im neuen Jahr - wird allerdings noch keine weitere Lockerung der Geldpolitik erwartet. Sollte das Inflationsziel aber im Februar oder März noch immer in weiter Ferne sein, könnte sie reagieren, erwartet Nick Kounis von ABN Amro. Dafür spricht auch die anhaltende Krise am Arbeitsmarkt. Die Zahl der Arbeitslosen in der Eurozone wird 2014 um 100.000 oder 0,5 Prozent auf den Rekordwert von 19,3 Millionen zunehmen, sagt die Wirtschaftsberatung EY voraus. "Erst ab 2015 wird die Arbeitslosigkeit in der Eurozone langsam wieder sinken." (APA, 7.1.2014)