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Bei Herdenschutzhunden handelt es sich um große, wehrhafte Tiere, die zum Beispiel Schafe vor Wölfen verteidigen können.

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"In Österreich ist der Wolf nach wie vor ausgestorben", sagt Christian Pichler vom WWF. Zwar steigen in Ländern rund um Österreich die Bestände, doch mehr als ein "Durchzugswolf" wurde in den vergangenen hundert Jahren nicht gesichtet. Heuer wurden insgesamt drei männliche Wölfe in Österreich, und zwar in Kärnten und der Steiermark nachgewiesen. Bislang haben sich keine Paare niedergelassen und Junge gezeugt, berichtet der Experte.

Die Situation in Italien sieht anders aus. 600 bis 800 Wölfe haben sich laut aktuellen Zahlen des WWF bereits wieder niedergelassen. Das führt immer wieder zu Konflikten mit Tierzüchtern. Laut der italienischen Tageszeitung "La Repubblica" hätten Wölfe zum Beispiel im toskanischen Ort Baccinello 70 bis 180 Schafe getötet oder schwer verletzt. In den vergangenen Wochen wurden acht Exemplare des eigentlich unter strengem Schutz stehenden Raubtieres in der Toskana und in Umbrien geschossen. Und das, obwohl der Wolf in Europa als "besonders gefährdet" eingestuft wird und höchsten Schutz genießt.

Der Unmut der Bevölkerung sei da, und es sei wichtig, das ernst zu nehmen, sagt der WWF-Experte. Denn die Wolfspopulation ist in den vergangenen Jahrzehnten in Europa zwar geringfügig, aber trotzdem spürbar angewachsen. Es gibt zwar in vielen Ländern genügend Wild, ein ungeschütztes Schaf auf einer Wiese ist jedoch eine verlockend einfach Beute, sobald sich die Lebensräume annähern. Drohende Konflikte können jedoch verringert und sogar vermieden werden. Im Moment gibt es vor allem zwei erprobte Methoden, um den Wolf vom Vieh fernzuhalten: elektrische Weidezäune und große Herdenschutzhunde.

Österreich rüstet sich für den Wolf

Letztere Methoden werden bald wieder in Österreich getestet, um einen Plan zu erstellen, falls sich doch eines Tages wieder Wölfe dauerhaft ansiedeln. "In einigen europäischen Ländern hat man nie verlernt, mit Wölfen und Bären zu leben. Wir müssen uns wieder die Grundlagen aneignen", sagt Christian Pichler. Ein Pilotprojekt läuft ab dem Frühjahr in der Gemeinde Kals am Großglockner in Osttirol für die Dauer von insgesamt drei Jahren. Die Untersuchungen über Herdenschutzhunde werden vom österreichischen Bundesverband für Schafe und Ziegen durchgeführt und unter anderem vom Lebensministerium mitfinanziert. Denn in hohen Gebirgslagen gibt es zum Teil Probleme mit dem Transport und der Montage von elektrischen Weidezäunen.

"Doch der wichtigste Schutz ist die Akzeptanz durch den Menschen", sagt Pichler. Dazu sei ein genaues Monitoring notwendig, um einen Managementplan erstellen zu können, wie auf das neue Auftauchen des Wolfes in Europa reagiert werden kann. Das Zählen der Wölfe sieht auch die sogenannte Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU vor, deren Ziel die Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt ist. In diesem Rahmen werden seit dem Vorjahr auch geschützte Tierarten gelistet.

Den mit Abstand größten Bestand in Europa mit rund 2.000 Tiere gibt es laut WWF in Spanien. Auch in Mitteleuropa, wo er in den 80er-Jahren fast ausgerottet war, ist der Wolf seit etwa zehn Jahren wieder auf dem Vormarsch. Steigende Bestände werden auch in Slowenien und Ungarn registriert. Insgesamt leben derzeit zwischen 10.000 und 20.000 Wölfe in Europa außerhalb Russlands. 

Positive Effekte durch Wiederansiedlung

Ökosysteme sind bekanntermaßen sehr komplex. So könnte die Wiederansiedlung des Wolfs positive Effekte nach sich ziehen. Das zeigt eine jüngere Studie aus dem Yellowstone National Park. Dort wurden die Raubtiere nach 70-jähriger Abwesenheit wieder angesiedelt. Die Folgen waren vielseitig: Die Verbissschäden am Wald gingen zum Beispiel zurück, und die Zahl zuvor gefährdeter Vogelpopulationen stieg wieder. (Julia Schilly, derStandard.at, 8.1.2014)