Fritz Molden ist tot.

Foto: Standard/Corn

Fritz Molden nahm Oscar Bronner in die Pflicht. Heftig hatte der einstige Widerstandskämpfer gegen die Nationalsozialisten mit dem profil-Gründer in den 1980ern eine durchzechte Nacht lang über Kurt Waldheim gestritten, Österreichs Bundespräsidenten mit der schwachen Erinnerung an seine Vergangenheit bei der Wehrmacht. Da erzählte Bronner, seit 13 Jahren als Maler in New York, dass er in Österreich Platz für eine liberale Tageszeitung sieht. Molden, erinnert sich Bronner, "bestand darauf, dass es dann wohl meine Pflicht sei, die Gründung zumindest zu versuchen. Er sei bereit, mir zu helfen."

Bronner gründete die Zeitung (gegen alle Widerstände), der erste STANDARD erschien am 19. Oktober 1988. Molden half. Als Berater. Und als erster Kritiker. Molden war der erste im Haus für eine tägliche, mehr als umfassende Kritik der aktuellen Zeitung für die Redaktionskonferenz. Viele Anmerkungen in Rot brachte er da aufs Rosarot, erinnern sich Zeitzeugen.

Molden war 64, als der STANDARD startete, und er hatte schon alle Facetten verlegerischen Unternehmertums in Österreich erlebt. Und nicht nur die.

Widerstand und Waffenlager

Geboren 1924 in großbürgerlichen Verhältnissen, seine Mutter Paula von Preradovic verfasste den Text der österreichischen Bundeshymne. Schon mit 14 nahm er an Aktionen gegen die Nationalsozialisten teil, er desertierte aus der Wehrmacht zu den italienischen Partisanen, wurde Verbindungsmann der Amerikaner zu österreichischen Widerstandszirkeln.

Ab 1945 ist er Pressechef im Kabinett des österreichischen Außenministers. Er bestätigte später, dass er nach dem Krieg an einem geheimen Projekt in Österreich beteiligt war: Waffenlager als "Teil einer breiten Widerstandsstrategie für den Fall einer sowjetischen Okkupation". Die USA gaben diese Waffenlager 1996 bekannt, Moden sprach damals von einer "rein österreichischen Sache in enger Zusammenarbeit mit den Amerikanern". 1948 bis 1953 war Molden mit der einzigen Tochter des CIA-Chefs Allen Dulles verheiratet, die erste von vier Ehen mit fünf Kindern. Er bestritt jedoch jegliche Zusammenarbeit mit den US-Geheimdiensten. Diese aufzudecken, wollte der tschechische Geheimdienst Molden 1956 entführen, besagen 2006 aufgetauchte interne  Dokumente. Der Plan scheiterte.

Zeitungskriege

1956, da führte Molden schon "Die Presse". Sein Vater Ernst hatte das traditionsreiche Blatt 1946 zunächst als Wochenzeitung wiedergegründet, Fritz ist ab 1946 als Auslandsredakteur dabei. Seit sie ab Oktober 1948 wieder als Tageszeitung erschien, drohte ihr rasch die Pleite. Fritz Molden übernahm Ende 1949 die kaufmännische Leitung des Verlags, später war er Chefredakteur und Herausgeber. Bis 1952 brachte er "Die Presse" in die schwarzen Zahlen. Und sich selbst bald ins Zentrum des so genannten Wiener Zeitungskriegs.

Moldens Großdruckerei produzierte etwa auch den "Bild-Telegraf", den die Bundesländerzeitungen gegründet hatten (Chefredakteur: der spätere ORF-Langzeitgeneral Gerd Bacher). Der "Kurier", damals größte österreichische Zeitung, übernahm die Titelrechte an der Massenzeitung. Molden aber holte sich die Redaktion des bei ihm hoch verschuldeten Blattes und produzierte die Zeitung weiter - weil die "Kurier"-Eigentümer den Titel einklagten unter teils täglich wechselnden, schließlich für zwei Tage ganz ohne Namen. Mit Bacher und dem späteren SPÖ-Minister Christian Broda startete Molden schließlich im März 1958 das Boulevardblatt "Express".

Molden war mit 20 Prozent, nach anderen Quellen fast 30 Prozent Marktanteil zeitweise größter Zeitungsverleger des Landes. Doch er überhob sich mit dem Neubau seiner Druckerei in Wien-Heiligenstadt. Diese Pressehaus-Druckerei ging ebenso an die "Krone", die heute noch dort ihren Sitz hat, wie der "Express", den die "Krone"-Macher rasch einstellten. Molden hatte Anfang der 1960er Jahre selbst versucht, die "Krone" zu übernehmen, schilderte deren Gründer Hans Dichand in seiner Autobiografie.

Bucherfolg - und Scheitern

1964 startete Molden  wieder neu: Sein Buchverlag Fritz Molden wird  auch international bekannt und erfolreich. Er schafft mit Sachbüchern, Belletristik und Memoiren - wie Hildegard Knefs Biografie "Der geschenkte Gaul" oder jene von Stalin-Tochter Svetlana – zahlreiche Bestseller. Und muss doch 1982 Konkurs anmelden. Die meisten Buchrechte gehen an Bertelsmann.

Molden schrieb danach wieder selbst – und arbeitet auch das eigene verlegerische Scheitern in Buchform ("Der Konkurs") auf. 1995 gründete er den Molden-Verlag, den er bis 2005 führte; heute gehört diese Marke zu den Buchverlagen der Styria.

Südtirol, Auslandsösterreicher, Waldheim

In den 1950ern und 1960ern engagierte er sich für die Autonomie Südtirols, verhandelte darüber mit US- und österreichischen Politikern, lehnte aber Gewalt ab. Er engagierte sich für die Rechte der Auslandsösterreicher. Und 1987 vermittelte er in europäischen Staaten als eine Art Sonderbotschafter die Position Österreichs nach der Wahl von Kurt Waldheim zum Bundespräsidenten. Der hatte seine Vergangenheit in der deutschen Wehrmacht nur zögerlich zugegeben; seine Unterstützer führten einen "Jetzt erst recht"-Wahlkampf.

Einen "Steher" nannte ihn der langjährige "Presse"-Chefredakteur und Herausgeber Thomas Chorherr. Karl Schwarzenberg gab zu Moldens 75-er einen Band über ihn heraus und schrieb im Vorwort: "Es gibt nur ganz wenige Menschen, welche die Zweite Österreichische Republik so intensiv begleitet und weitgehend verkörpert haben wie Fritz Molden." (Harald Fidler, derStandard.at, 11.1.2014)