Die MyTaxi-Gebühr sollen Taxifahrer ab Februar selbst einstellen können.

 

Foto: MyTaxi

In Online-Taxiforen brodelt es: Die in Deutschland beliebte App MyTaxi plant, dass Taxifahrer ab dem 1. Februar Fahrten ersteigern können, indem sie freiwillig eine höhere Gebühr an den Taxi-Vermittler bezahlen. Damit sollen Touren eine Art Auktionsware werden – ähnlich wie beispielsweise Werbung bei Google. "Das Auktionsmodell ist in der Taxibranche weltweit einzigartig und orientiert sich an Googles Preismodell für AdWords", heißt es von MyTaxi. Um Betrug vorzubeugen, muss der Fahrgast künftig bei jeder Fahrt den Fahrpreis bestätigen.

Zahlreiche Taxifahrer sind angesichts der Pläne entsetzt, einige regen einen Boykott an. "Ich kann mir vorstellen, dass gewisse Fahrer den Regler auch auf 25% schieben, nur um die Tour zu bekommen", schreibt beispielsweise ein Fahrer. Ein anderer hängt nun unter jeden seiner Beiträge ein Bild: "Diese Person ist sauer!" steht dort – und daneben ein durchgestrichenes MyTaxi-Logo.

Das Hamburger Start-up hat die Taxibranche bereits mächtig aufgewirbelt. Vor allem Taxizentralen, die in vielen deutschen Städten lange ein Monopol auf die Vermittlung von Taxifahrten hatten, ist das Unternehmen ein Dorn im Auge. Als der Autobauer Daimler sich Anfang 2012 dem Hersteller der App namens Intelligent Apps beteiligte, schrieb Michael Müller, Präsident des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbands an Daimlerchef Dieter Zetsche: "Wir schäumen vor Enttäuschung und Wut."

Dem Erfolg der App tat das keinen Abbruch – in Großstädten wimmelt es von Taxis, die sich per Smartphone rufen lassen und MyTaxi erhielt viel Lob für die einfache und optisch schön umgesetzte App.

Viele Taxifahrer sind sauer

Doch nun sind die Fahrer selbst sauer. Denn bislang zahlten sie oder ihr Unternehmen pauschal für jede von MyTaxi vermittelte Fahrt 79 Cent – mit der neuen Regelung sollen es zwischen 3 und 30 Prozent des Fahrpreises sein. Auf den Bildern der E-Mails, in denen die Taxifahrer über die Änderungen informiert wurden, sind 9 und 11 Prozent des Preises zu sehen – bei einem typischen Fahrpreis von 15 Euro wären das also rund 1,50 Euro. "Die Geldgeber wollen ihre Kohle gewinnbringend angelegt wissen", schreibt ein aufgebrachter Nutzer im Forum taxiforum.de. "Somit steht erstmalig nicht mehr der Fahrgast, wie bisher immer betont, im Mittelpunkt der Vermittlung, sondern das Bekenntnis zum schnöden Mammon."

MyTaxi argumentiert damit, dass das neue Preismodell Fahrern erlaube, je nach Auftragsvolumen selbst zu bestimmen, was ihnen eine vermittelte Fahrt wert ist. "In Zeiten, in denen die Nachfrage auf Fahrgastseite hoch ist, können Fahrer ihren Regler an die unterste Grenze setzen", sagt Unternehmenssprecherin Lina Wüller. "So kommt es vor, dass sie für die Vermittlung einer Fahrt, die durchschnittlich 12,50 Euro kostet, nur 36 Cent bezahlen", was der Hälfte der herkömmlichen MyTaxi-Gebühr entspreche. Zur Orientierung werde der aktuelle Marktpreis – gemessen an den Angeboten der umliegenden Taxis – in der App angezeigt.

Die Fahrer rechnen aber vor allem damit, dass es teuer wird. Insbesondere, dass MyTaxi das neue Preismodell als "Fairmittlungsgebühr" bezeichnet, stößt vielen sauer auf. "Dass mehr Einnahmen generiert werden sollen, liegt auf der Hand. Das mit der irreführenden Bezeichnung 'fair' zu kaschieren, welches sonst für nachhaltiges und sozial verantwortliches Handeln mit Landwirten in der Dritten Welt etabliert und bekannt ist ('Fairtrade' usw.), grenzt für mich schon an Unanständigkeit", schreibt beispielsweise ein Fahrer. Ein anderer nennt das "Orwell-Neusprech-Deutsch".

MyTaxi: Fahrer werden sich arrangieren

Einzelne Fahrer verteidigen das neue Preismodell aber auch: "Schlimmer als eine teure Tour ist gar keine Tour", schreibt ein Nutzer. MyTaxi verfolge die heftige Kritik der Taxifahrer an dem neuen Preismodell "sehr gespannt", sagt Sprecherin Wüller. "Aber wir sind uns auch sicher, dass sich die Fahrer mit dem neuen Modell arrangieren werden, wenn es erst mal auf dem Markt ist." (Stephan Dörner, Wsj.de/derStandard.at, 9.1.2014)

Update

Auf Anfrage des WebStandard teilte MyTaxi mit, dass das Modell vorerst nur in Deutschland starten wird.