Wenn Jan Krainer als wirtschaftspolitischer Berater Werner Faymanns in den "Roten Salon" aufrückt, tritt ein SPÖ-Abgeordneter einen Nebenjob im Bundeskanzleramt an. Das ist ungewöhnlich. Damit weicht die Regierung die Gewaltentrennung wieder ein Stück auf. Diese ist in Österreich schon beinahe traditionell ein strapaziertes Prinzip. In der politischen Realverfasstheit werden Gesetze von der Regierung formuliert und den koalitionären Parlamentsfraktionen zur Beschlussfassung überlassen. Die eigentlichen legislativen Fähigkeiten des Parlaments werden allzu oft übergangen oder klein gehalten. Der Klubzwang sichert eine konstante Zustimmungsrate im Plenum, der Koalitionsvertrag unterbindet ein gegenseitiges Überstimmen von Rot und Schwarz.
Schon bisher habe er als Mandatar an Gesetzen mitgewirkt, begründet Krainer die Personalie. Unvereinbarkeit sieht er nicht. Doch ab nun arbeitet er an Gesetzesvorhaben im Kanzleramt mit und berät den Kanzler, den er als Parlamentarier kontrollieren sollte. Das staatliche Gewaltmonopol im Jahr 2014: alles aus einem Guss. Praktisch.
Krainer spielt also künftig auf zwei Seiten der staatlichen Gewaltklaviatur Exekutive und Legislative. Es steht der SPÖ frei, ihre Parlamentarier für Spezialaufgaben zu bezahlen - aber auch das ist Steuergeld. Mit der Anstellung eines Abgeordneten ausgerechnet im Kanzleramt durchbricht aber die Regierung selbst das Prinzip der Gewaltentrennung. (Sebastian Pumberger, DER STANDARD, 10.1.2014)