Prohaska glaubt nicht, dass die Zeit reif ist.

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Herbert Prohaska hat Respekt vor Thomas Hitzlsperger. "Schließlich ist er der erste wirklich bekannte Fußballer, der sich geoutet hat." Rein prinzipiell sei für ihn, Prohaska, die sexuelle Orientierung "aber eine reine Privatsache. Nona gibt es homosexuelle Fußballer, die sind ja auch Teil der Bevölkerung. Natürlich sind Homosexualität und Fußball kein Widerspruch." Dass Hitzlsperger erst nach seinem Karriereende an die Öffentlichkeit getreten ist, ist für Österreichs Jahrhundertkicker zumindest nicht unlogisch. "Ich glaube nicht, dass es während der Laufbahn möglich gewesen wäre. Man hätte ihn in den Stadien geschmäht, er wäre Anfeindungen ausgesetzt gewesen. Traurig, aber wahr."

Der Fußball, auch der österreichische, ticke anders, sei mit anderen Sportarten nicht vergleichbar. "Er begeistert viele Menschen, deshalb sind auch viele Deppen involviert." Zu Prohaskas aktiven Zeiten wurde Homosexualität innerhalb der Mannschaften nie thematisiert. "Ob ich schwule Mitspieler hatte, war mir so etwas von egal. Ich wusste es von keinem. Ich hab schwule Freunde und Bekannte, das ist doch völlig normal und kein Thema."

Beschimpfung als Ansporn

Natürlich sei auch er, Prohaska, homophob beschimpft worden. Bei einem Wiener Derby gehörte das quasi zum Rahmenprogramm, da hat sich bis heute wenig geändert. "Schwuler, schwuler FAK" wurde und wird auf den Rängen gesungen. In diesem Fall sind die Rapidler die Bösen, wobei Choräle der Austria-Anhänger ebenfalls verhaltensauffällig sein können. Prohaska: "Man hat das überhört, nicht ernst genommen. Ich habe mir gesagt, nur die guten Spieler werden beschimpft. Es war, so blöd es klingt, eher Ansporn. Ist einer wirklich schwul, muss das wehtun. Hängt auch von der betroffenen Person ab. Die eine ignoriert es, die andere leidet."

Der 58-jährige Prohaska "glaubt und befürchtet", dass die Zeit für "schwule Spieler oder Trainer" noch nicht reif ist. "Wahrscheinlich wird sie auch nie reif dafür sein. Eine traurige Erkenntnis." Vertreter anderer Sportarten hätten es einfacher. "Eine lesbische Skispringerin oder Tennisspielerin ist den Leuten doch völlig egal. Und das ist gut so. Ein schwuler Skispringer wäre auch ziemlich wurscht, würde niemanden groß aufregen."

Aktionen und Reaktionen

Prohaska hat für den Fußball, der quasi als der Männermannschaftssport gilt, keine Lösungsvorschläge parat. Diverse Aktionen für Toleranz und gegen Rassismus seien durchaus begrüßenswert. "Sie stoßen aber an Grenzen. Man muss nur nach Italien schauen, dort gibt es regelmäßig rassistische Vorfälle." Womit sich der Kreis schließt, Deppen haben eine gewisse Macht auf den großen Bühnen. "Es wird immer einen geben, der eine Banane auf das Spielfeld wirft. Der schwarze Spieler muss damit leider leben. Traurig, aber wahr."

Hitzlsperger habe ein Zeichen gesetzt. "Für ihn war das Outing wohl wichtig. Für ihn war die Zeit reif." Prohaska schweben ein Fußball und eine Welt vor, "in der das nicht einmal nebensächlich ist. Aber das spielt es leider nicht. Den einen Deppen gibt es immer." (Christian Hackl, DER STANDARD, 10.1.2014)