Die Spaltung der ÖVP in der Schulfrage greift auch auf andere Bereiche über. Versuche, für Michael Spindelegger die Obmannschaft zu retten, werden letztendlich scheitern. Denn der Starrsinn und die Fehler Spindeleggers werden der Partei keine andere Möglichkeit lassen, als zumindest die Spitze der ÖVP auszutauschen. Der Vizekanzler bliebe als "lame duck" zurück.

Ob Spindeleggers politisches Ende unmittelbar bevorsteht oder sich bis nach den Europawahlen zieht, ist offen.

Am 25. Mai, dem EU-Wahl-Termin, könnte die ÖVP aus ihrem ersten Platz des Jahres 2009 (damals 30 Prozent) herausfallen und acht bis zehn Prozent verlieren. Die SPÖ könnte fünf Prozent einbüßen (bisher 23,7), und die FPÖ dürfte um zehn bis zwölf Prozent wachsen, von 12,7 auf vielleicht 25 Prozent. Die frisch kandidierenden Neos werden vermutlich mehr als zehn Prozent erhalten, die Grünen zwischen 15 und 20 Prozent. So sieht die momentane (spekulative) Ausgangslage aus.

Michael Spindelegger wird, so er dann noch Obmann ist, mit säuerlichem Lächeln erklären: "Das ist eine herbe Niederlage. Aber Europawahlen sind Europawahlen, und Nationalratswahlen sind Nationalratswahlen. Der für die ÖVP enttäuschende Ausgang ist für uns jedoch ein Anlass, die Reform des Landes noch konsequenter zu betreiben."

Die Folgen der Niederlage: In den westlichen Bundesländern werden die Gesamtschul-Versuche intensiviert. Der ÖVP-Wirtschaftsbund und dessen Chef Christoph Leitl werden Spindelegger im Wochenrhythmus kritisieren, und Erwin Pröll wird sich zurückhalten, weil er nicht in den Sog einer flussabwärts treibenden Partei geraten will.

Im Nationalrat wird Maria Fekter tun, was sie jetzt schon betreibt: Stimmung gegen den Parteichef machen. Und dem zweiten Konkurrenten um den Parteivorsitz, Reinhold Mitterlehner, hat Spindelegger das Wissenschaftsministerium umgehängt, ihm damit gleichzeitig politische Bewegungsfreiheit genommen.

Erwin Pröll polarisiert, aber er ist der Einzige, der die Volkspartei mit starker Hand führen könnte. Er müsste Vizekanzler werden - zu minder freilich für den machtbewussten Landeshauptmann, aber ein konsequenter Schritt.

Das ÖVP-Spektakel könnte vordergründig der SPÖ nützen. Doch wenn sie am 25. Mai unter die 20-Prozent-Grenze fiele, gäbe es auch dort eine Obmanndebatte. Der angeschlagene Bundeskanzler Werner Faymann könnte durch Sozialminister und Gewerkschafter Rudolf Hundstorfer ersetzt werden.

Die SPÖ-Basis würde versuchen, was sie seit geraumer Zeit teils offen verlangt - die Wiederkehr einer SPÖ-FPÖ-Regierung. Auf diese Art könnte uns spätestens im Herbst blühen, was auf europäischer Ebene höchstens noch ein Lüfterl entfachen würde - eine rot-blaue Regierung in Wien und zum zweiten Mal seit 2000 Deutschnationalisten an der Staatsspitze.

So etwas zu verhindern gelänge nur Michael Häupl - indem er Faymann ablösen würde und mit Pröll das Staatstheater übernähme. Es sollten jene regieren, die es jetzt schon tun: weg mit den Attrappen und her mit den realen Regenten. (Gerfried Sperl, DER STANDARD, 13.1.2014)