Wien - Es sind exakt 6,9 Gramm Cannabiskraut, die Wahed B. vor Richter Patrick Aulebauer ins Wiener Straflandesgericht gebracht haben. Die Anklage lautet auf gewerbsmäßigen Drogenhandel, die Höchststrafe laut Suchtmittelgesetz dafür: Drei Jahre Haft. Den Gewinn, den B. lukriert hätte: "15 Euro und ein Essen", sagt er.
Er habe das Rauschmittel von einem Unbekannten vor einem Lokal angeboten bekommen. "Ich sollte es auf Kommission verkaufen. Wenn ich alles verkauft hätte, hätte ich das Geld bekommen", erzählt der 26-Jährige.

Sein Pech: Bereits der erste potenzielle Kunde war ein Kriminalbeamter. Am Verkehrsknotenpunkt Praterstern ging B. auf den Polizisten zu und bot ihm zwei Gramm für 20 Euro an. Der Beamte ging zum Schein darauf ein, ehe er den Angeklagten festnahm.

Dadurch setzte sich das übliche Prozedere in Gang: Die Polizei muss die Anzeige aufnehmen, die Staatsanwaltschaft darüber entscheiden, ob es zu einer Anklage kommt, das Gericht muss schließlich urteilen. Ein Aufwand, der durchaus auch bei Exekutivbeamten und in der Justiz für Unverständnis sorgt – die Politik hält ihn aber für notwendig.

Nur ein Drittel vor Gericht

Exakt 23.797 Suchtmitteldelikte zeigte die Polizei im Jahr 2012 bei den Staatsanwaltschaften an. Von einem Gericht verurteilt wurden deswegen weniger als ein Drittel der Beschuldigten – der Großteil der Fälle wird von den Staatsanwaltschaften entweder eingestellt oder diversionell erledigt.

Für B. gilt das an diesem Tag nicht. Theoretisch sind bis zu drei Jahren möglich, Richter Aulebauer verurteilt ihn, nicht rechtskräftig, zu drei Monaten bedingter Haft. Die sind für B. von Vorteil: Sie scheinen im Leumundszeugnis nicht auf. Sein Urteil begründet der Richter mit den bei weitem überwiegenden Milderungsgründen: "Sie sind unbescholten, es ist um sieben Gramm gegangen und es hat sich nur um Cannabis gehandelt, da gibt es Judikatur, dass das etwas anderes ist, als wenn Sie harte Drogen gehandelt hätten." (Michael Möseneder, derStandard.at, 13.01.2014)