Die neue Schubhaft in der Steiermark öffnet ihre Pforten, der Streit um die teilprivatisierte Betreuung geht weiter.

Foto: Hertha Hurnaus

Vordernberg/Wien - Heute, Mittwoch, wird die neue Schubhaft in der steirischen Gemeinde Vordernberg feierlich eröffnet. Am kommenden Montag werden die ersten Gefangenen in den architektonisch innovativ gestalteten Bau in dem abgelegenen Ort am Fuße des Präbichl einziehen.

In ein Anhaltezentrum, in dem - auch dies eine Neuerung - die Polizei und Securityleute gemeinsam für die täglichen Abläufe sorgen werden. Denn die Gemeinde Vordernberg, vom Innenministerium mit Teilen der Leistungen beauftragt, hat diese der Sicherheitsfirma G4S übertragen.

Das hat seit Bekanntwerden schon zu einiger Kritik geführt: Rechtsexperten und NGO-Vertreter haben Sorge, dass der Staat in Vordernberg Kernaufgaben aus der Hand gegeben hat. Doch für das Innenministerium sind derlei Einwände nicht nachvollziehbar.

Ministerium: klare Regeln

Vielmehr, so das Innenministerium, sei klar geregelt, wie die staatlichen und die privaten Bewacher und Betreuer in Vordernberg künftig zusammenarbeiten sollen: und zwar in dem Dienstleistungsvertrag, den das Ministerium und die Gemeinde Vordernberg bereits am 12. April 2013 abgeschlossen haben. Darin sei zu lesen, dass für hoheitliche Aufgaben, also die Anhaltung von Abzuschiebenden als solcher, Polizisten der Landespolizeidirektion Steiermark zuständig sein würden - und nicht die Securityleute von G4S.

Letztere, so das Ministerium, würden vielmehr nur Hilfstätigkeiten verrichten: eine Kompetenzverteilung, die laut Kritikern im Schubhaftalltag jedoch nur wenig haltbar sein könnte. Was etwa würde geschehen, wenn ein Schubhäftling Beschwerde gegen einen G4S-Miatrbeiter erheben wolle? - fragte sich, unter anderen, Grünen-Menschenrechtssprecherin Alev Korun.

Parlamentarische Anfrage

In ihrer parlamentarischen Anfrage an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zu Vordernberg formulierte Korun ihre Bedenken - und bekam eine Antwort, die darauf schließen lässt, dass die anhaltende Kritik auch am Innenministerium nicht spurlos vorübergegangen sein dürfte.

In der Anfragebeantwortung von Ende Dezember nämlich nimmt das Ministerium auf eine "Dienstbetriebliche Anordung" an die Marktgemeinde Vordernberg vom 17. Dezember 2013 Bezug, die über eine Präzisierung der Aufgabenverteilung hinausgeht. Im Fall von Beschwerden gegen G4S-Mitarbeiter in Vordernberg trage die Landespolizeidirektion Steiermark die volle Verantwortung, heißt es da - bis hin zur Entgegennahme von Maßnahmenbeschwerden, wie sie Bürger gegen Behörden erheben können, die hoheitliche Aufgaben ausführen.

Denn, so die "Dienstbetriebliche Anordnung": Laut aktueller Rechtssprechung seien alle in einer Schubhaft anfallenden Handlungen als hoheitliche, staatliche Aufgaben zu bezeichnen - egal, wer sie ausübe. Also sei die Landespolizeidirektion Steiermark die "in Vordernberg allein zuständige Behörde".

Privat oder Staat

Maßnahmenbeschwerden gegen private Sicherheitsleute? Nicht nur Korun ist skeptisch. "Um das zu ermöglichen, müssten die Gesetze geändert werden - was ich ablehne, weil ich einer klaren Aufgabenteilung zwischen Behörden und Firmen den Vorzug gebe", meint etwa auch die Anwältin und Menschenrechtsexpertin Nadja Lorenz.

Laut geltenden Gesetzen, so Lorenz, könnten Vordernberger Schubhäftlinge gegen G4S vielmehr nur zivil- und strafrechtlich vorgehen, "mit weit höherem finanziellen Prozessrisiko als bei Maßnahmenbeschwerden".

Im Innenministerium versucht ein Sprecher, dies zu relativieren. Die Polizeidirektion werde gegebenenfalls auch Maßnahmenbeschwerden gegen G4S-Leute entgegennehmen, sagt er - und sich in der Folge bei der Gemeinde Vordernberg schadlos halten, die ihre Forderungen dann wiederum an G4S richten könne (Irene Brickner, DER STANDARD, 15.1.2014)