Wien - Wölfe sind nach EU-Recht und allen Naturschutzgesetzen der Unionsländer eine streng geschützte Art. Dennoch wurden in den vergangenen Wochen in Italien, der Schweiz und Deutschland mehrere Wölfe getötet. Darauf reagierte der WWF nun, indem er auf die ökologische Bedeutung des Wolfs hinwies. "Auch in Österreich kämpft der Wolf mit Akzeptanzproblemen", sagt WWF-Experte Bernhard Kohler. "Dabei leidet unsere Natur nachweislich unter der Abwesenheit von großen Beutegreifern wie dem Wolf oder dem Braunbär."
Eine aktuelle Studie der Oregon State University zeige anhand von Beispielen aus verschiedenen Regionen der Nordhalbkugel, dass Raubtiere eine Schlüsselrolle für die Gesundheit von Ökosystemen spielen - insbesondere von Gebirgswäldern. "Besonders Österreichs Bergwälder brauchen die Beutegreifer, um Hirsche, Rehe und Gämsen in Schach zu halten", so Kohler. Laut WWF wanderten in den vergangenen fünf Jahren regelmäßig Wölfe aus den Nachbarländern nach Österreich, ein lebensfähiger Bestand konnte sich jedoch nicht etablieren. 2013 wurden gerade einmal drei Wölfe nachgewiesen.
Der Wolf als Hüter des Waldes
Wegen der hohen Dichte an Rothirschen, Rehen und Gämsen in Österreich sind unsere Gebirgswälder einem starken Verbissdruck ausgesetzt, so der WWF. Der Wald kann sich deshalb auf riesigen Flächen nicht ausreichend verjüngen. Die Bergwälder verlieren dadurch langfristig ihre Schutzfunktion gegen Hochwässer, Muren und Lawinen. Nur wenn ausreichend Jungwuchs aufkommt, bleibt der Wald dicht genug laut Naturschutzorganisation, um Naturkatastrophen abzuwehren.
Dieser Qualitätsverlust des Waldes könnte demnach durch die regelmäßige Anwesenheit von Wölfen entschärft werden. "Die Beutegreifer sorgen dafür, dass sich die Rotwild-, Reh- und Gams-Bestände räumlich ungleichmäßig verteilen. Dadurch entstehen große verbissfreie Flächen, auf denen sich auch empfindliche Baumarten wie die Tanne wieder natürlich verjüngen können." Das treffe vor allem in Bundesländern wie Tirol zu, in denen ein Großteil des Waldes im Steilgelände liegt und wichtige Schutzfunktionen erfüllt.
"Besonders die kombinierte Anwesenheit von Wolf, Bär und Luchs hätte positive Effekte, wobei es gar nicht gesagt ist, dass es zu einer dramatischen Reduktion der Wildbestände kommt. Entscheidend ist vielmehr die ungleichmäßige Verteilung der Pflanzenfresser." Um Nutztiere wie Schafe und Ziegen besser zu schützen, stellen die Behörden in Österreich, aber auch der WWF in einem Pilotprojekt finanzielle Mittel für Schutzmaßnahmen wie Elektrozäune und Herdenschutzhunde zur Verfügung. (APA/red, derStandard.at, 15. 1. 2014)