
Petra Gregorits.
Nach wie vor ist die Sprachkompetenz die Einstiegshürde in den Arbeitsmarkt. Unbestritten die notwendige Basis und Schlüsselqualifikation, wirkt sich die vordergründige Reduktion auf die Sprachkompetenz in Folge auf Arbeitsmotivation, Arbeitszufriedenheit und nicht zuletzt die Produktivität von Unternehmen aus. Unternehmen erkennen bereits ungenutzte Export- und Wertschöpfungschancen durch unzureichende Ressourcen, die interkulturelle Vielfalt der Arbeitnehmer gezielt einzusetzen oder das Bewusstsein der Mitarbeiterinnen dafür zu stärken.
- Migranten holen bei Bildungsabschlüssen auf. Migranten sind sowohl im unteren als auch im oberen Segment der Bildungsabschlüsse häufiger anzutreffen als Menschen ohne Migrationshintergrund. Bei der Akademikerquote liegen sie mit 17 Prozent im Vergleich zu 14,4 Prozent voran. Die Fachhochschulen verzeichnen bei den Migranten inzwischen doppelt so viele Bachelor-Studierende. Diese Gruppe ist wohl jene, die eine erfolgversprechende Anpassung der Personal- und Unternehmensentwicklungsstrategien am ehesten deutlich macht.
- Überqualifikation als Folge fehlender Alltagsintegration und Vernetzung. Ein Drittel der Migranten fühlt sich im Unternehmen nicht ausbildungsadäquat eingesetzt. Eine Schlüsselfrage in der Berufswahlentscheidung ist die Prägung durch das soziale Umfeld. Ein Drittel der jugendlichen Migranten hat keinen Bildungsabschluss, wenn dies auch beim Vater der Fall ist. Sie sind doppelt so oft in Risikogruppen am Arbeitsmarkt anzutreffen.
Die vorgegebene soziale Mobilität durch enge Bindung an Familie und Normen, fehlende Netzwerke außerhalb der ethnischen Community und damit einseitige Information und Entwicklungsmöglichkeiten sind bei Menschen mit Migrationshintergrund noch ausgeprägter. Eltern geben Bildung weiter und damit auch die Berufswahl. Die Übersetzung von allgemeingültigen Standards im Bereich Berufsorientierung, Informationen zum Schulsystem und Bildungsmöglichkeiten erfordert eine interkulturelle Differenzierung, damit diese Informationen zielgruppengerecht ankommen.
- Soziale Bindung, beruflicher Aufstieg und Genderfrage als Doppelfalle. Viele unbewältigte Fragen sind im Hinblick auf die Beschäftigungsquote von Migrantinnen und den Zusammenhang mit dem Bildungsverlauf der Kinder evident. Sind die Mütter nicht in Beschäftigung, geben sie auch ihre Kinder weniger oft in Betreuungseinrichtungen. Nicht in Beschäftigung zu sein ist gleichbedeutend mit weniger Möglichkeiten, die Sprachkompetenz zu festigen. Kann es sein, dass auch in dieser gesellschaftspolitischen Frage der Lösungsansatz bei den Frauen liegt?
- Mehr interkulturelle Kontaktpunkte und Kommunikation. Mehr Beachtung sollte der Migrationsentwicklung in Sinne eines sich abzeichnenden Stadt-Land-Gefälles geschenkt werden. Vernetzung erleichtert die Integration im Arbeitsalltag. Vor allem Unternehmen reüssieren vielfach als Gatekeeper der Integration. Damit wird neben dem Produktivitätspotenzial auch der CSR-Aspekt deutlich. (Petra Gregorits, DER STANDARD, 18./19.1.2014)