Die Arbeitsbedingungen im steirischen Gesundheits- und Sozialbereich sind laut einer Studie im Auftrag der Arbeiterkammer Steiermark alarmierend: Die Belastungen führen bei knapp 39 Prozent der Arbeitnehmer zu beginnenden oder gar schon fortgeschrittenen Burnout-Symptomen. AK-Präsident Josef Pesserl forderte am 21. Jänner einen Stopp beim "Sparwahn" im Gesundheits- und Sozialwesen.
Die "Sozialökonomische Forschungsstelle" (SFS) hat im Auftrag der AK Steiermark rund 27.000 Mitarbeiter in Heimen, Spitälern, mobilen Betreuungsdiensten und anderen Einrichtungen privat angeschrieben und eine überraschend hohe Rücklaufquote von mehr als 20 Prozent - rund 5.500 Antwortbögen - erzielt. Das allein sei schon ungewöhnlich, denn üblicherweise seien nur fünf bis acht Prozent Rücklauf zu erwarten, meinte Studienautor Tom Schmid. Mit den Antworten könne ein aussagekräftiger Schnitt errechnet werden, lediglich ausländische Arbeitnehmer seien unterrepräsentiert.
Erhöhte emotionale Erschöpfung bei 33,2 Prozent
Inhaltlich konzentrierten sich die Fragestellungen auf "Arbeitsbedingungen" und nicht auf "Belastungen", um Antworten nicht schon im Voraus in eine Richtung zu lenken. Umso erstaunlicher seien die Ergebnisse: 44,3 Prozent der Personen arbeiten mehr als vertraglich vereinbart, mehr als ein Viertel will lieber kürzer arbeiten und 74 Prozent sind mit der Entlohnung unzufrieden. Mehr als die Hälfte empfanden eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in den vergangenen sechs Jahren und sie glauben auch in Zukunft an schlechtere Aussichten.
Verschlechtert habe sich der Personalstand, der Zeitdruck sowie der Bürokratieaufwand - allesamt objektive Gründe, meinte Schmid. Bei jenen Mitarbeitern, die eine Verbesserung sahen (knapp acht Prozent), waren es vorrangig subjektive Gründe wie etwa Stationswechsel oder Weiterbildungen.
Am meisten Sorge rufen jedoch die Zahlen nach dem standardisierten Maslach-Kriterien (Christina Maslach gilt als Entdeckerin des Symptomkomplexes des Burnouts, Anm.) hervor: 33,2 Prozent empfinden eine erhöhte emotionale Erschöpfung, 5,7 Prozent eine erhöhte Depersonalisation - "nicht der Mensch, sondern nur noch der Beinbruch wird gesehen", erklärte Schmid.
38,9 Prozent weisen Burnout-Symptome auf
Zusammen weisen somit 38,9 Prozent der Personen Burnout-Symptome auf. In anderen Bundesländern seien die Zahlen ähnlich: "Die Werte sind erschreckend", urteilte der Studienautor. Diese Menschen seien selbst bereits behandlungsbedürftig.
Die hohen Belastungen fordern ihren Tribut: Im Schnitt arbeiten beispielsweise diplomierte Pflegekräfte nur fünf bis zehn Jahre in ihrem Beruf, "dann sind sie ausgebrannt", meinte Schmid. Das seien "vergeudete Ausbildungskosten".
Pesserl forderte eine adäquate Entlohnung und eine Reduzierung der Belastung. Investitionen würden sich rechnen, doch dafür brauche es den politischen Willen: "Geld ist genug da, es wird nur falsch eingesetzt", sagte der Kammer-Präsident. Er wisse genügend Beispiele dafür, wollte jedoch keines explizit nennen. (APA/red, 21.1.2014)