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Die Minister Alois Stöger (SPÖ) und Wolfgang Brandstetter (ÖVP) am Dienstag im aktuellen Pressefoyer.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Ob es dem "neuen Stil" der Regierung geschuldet ist, oder doch den schlechten öffentlichen Imagewerten: Die Regierung macht sich (wieder einmal) an die Reform des Pressefoyers. Nicht mehr Kanzler und Vizekanzler wollen sich nach dem Ministerrat allwöchentlich den Fragen der Medien stellen, sondern - je nach Themenlage - auch die für einzelne Themen zuständigen "Spiegelminister".

Angenehmer Nebeneffekt der Neuregelung: Kanzler und Vizekanzler können künftig selbst entscheiden, ob sie vor die Medien treten wollen, oder ob sie sich angesichts absehbar unangenehmer Fragen - etwa zu parteiinternen Turbulenzen - lieber im Hintergrund halten. Dabei ist das Pressefoyer nach dem Ministerrat ein über 40 Jahre altes Ritual. Erfunden von Bruno Kreisky diente der Auftritt stets der Selbstinszenierung des Kanzlers und sagte einiges über Selbstverständnis und Standing der Regierungsspitze aus.

Ära Kreisky

Bruno Kreisky präsentierte sich - ganz Sonnenkönig - umringt von Journalisten. Als erster Bundeskanzler erkannte er die Chance der Medieninszenierung und empfing ab 1971 die Medien im Ecksalon des Kanzleramts. Höfliche Fragen ließ er sich gefallen, vorlaute Medienleute wurden abgekanzelt. Legendär sein Sager im Frühjahr 1981: "Lernen Sie ein bisschen Geschichte, dann werden Sie sehen, Herr Reporter, wie das in Österreich sich damals im Parlament entwickelt hat."

Fred Sinowatz schätzte die Nähe der Medien weniger - er ging auf Distanz und legte sein Foyer am Tisch im kleinen Ministerratssaal als formelle Pressekonferenz an. Franz Vranitzky setzte ab 1986 wieder auf das Kreisky'sche "Stehfoyer" - auch wenn ihm die Nähe der Medienvertreter und vor allem ihre Fragen mitunter hörbar auf die Nerven gingen. Als er 1995 einen mit Fragen zum Sparpaket nervenden ORF-Journalisten unwirsch in die Schranken wies ("Ich akzeptiere Ihre Frage nicht"), berichteten Medien, es sei für ORF-Journalisten an sich üblich, derartige Fragen vorher mit dem Kanzler-Sprecher abzuklären.

Stehfoyer

Auch Vranitzkys Nachfolger Viktor Klima setzte Anfangs auf das "Stehfoyer", bereitete dem Kreisky'schen Ritual - beraten von seinen berüchtigten "Spin-Doktoren" - aber 1998 ein Ende. Gefragt war ab nun die vermeintlich perfekte Fernseh-Inszenierung: Klima verlegte seinen Auftritt in den Kongresssaal des Kanzleramts und baute sich fortan hinter einem Stehpult auf - eine rote Kordel sorgte für Distanz zu Journalisten und Kameras. Eine Wahlniederlage später war Viktor Klima Geschichte - das Stehpult überlebte.

Im Februar 2000 brachte die schwarz-blaue Koalition ein Novum: Kanzler und Vizekanzler traten erstmals gemeinsam auf - zuvor hatten sich die Koalitionspartner mit eigenen Pressekonferenzen vor oder nach dem Kanzler bescheiden müssen. ÖVP und FPÖ wollten mit dem "Doppelfoyer" sowohl den "Schulterschluss" gegen die EU-Sanktionen als auch die neue Harmonie nach dem großkoalitionären Gezänk demonstrieren. Unterbrochen wurden die gemeinsamen Pressekonferenzen nur, als der FP-intern unter Druck geratene Vizekanzler Herbert Haupt seine Auftritte im September 2003 ins Vizekanzleramt verlegte. Schüssel selbst reagierte auf ungenehme Fragen zwar mitunter recht barsch, stellte sich dem wöchentlichen Ritual aber trotzdem unverdrossen und gemäß seinem Motto: "Egal, was sie mich fragen, ich sage das, was ich mir vorgenommen habe zu sagen."

"Neuer Stil"

Auch nach der Neuauflage der Großen Koalition 2007 wurde das gemeinsame Pressefoyer beibehalten - zwischenzeitlicher Liebesentzug inklusive: Kanzler Alfred Gusenbauer und sein Vize Wilhelm Molterer traten anfangs gemeinsam vor die Medien, nach einem Konflikt um die Steuerreform bestand der SP-intern unter Druck geratene Gusenbauer auf getrennten Auftritten. Im März 2008 rauften sich SPÖ und ÖVP dann zwar wieder zusammen. Die beim "Neustart" vereinbarte neue Ministerrats-Inszenierung (gemeinsame Auftritte schon vor der Regierungssitzungen) war aber nur von kurzer Dauer, denn keine vier Monate später beendete Molterers "Es reicht!" die Koalition.

Die Regierung Faymann kehrte dann wieder zum gemeinsamen Auftritt zurück: Zuerst - mit Vizekanzler Josef Pröll - sitzend an einem Tisch, dann - mit Michael Spindelegger - wieder an Stehpulten. Nun könnte der selbsterklärte "neue Stil" der Regierung der allwöchentlichen Pressekonferenz der Regierungsspitze überhaupt ein schleichendes Ende bereiten. Anstatt Kanzler und Vizekanzler sollen künftig nämlich auch die Fachminister das Pressefoyer bestreiten. Wer vor die Medien tritt, soll je nach Themenlage entschieden werden. Damit geht die Regierung angesichts schlechter Imagewerte weiter auf Distanz zu den Medien: Schon bei der Regierungsklausur in Waidhofen/Ybbs hatte man Journalisten am ersten Klausurtag ausgeladen. (APA, 21.1.2014)