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Acht Killerwale wurden in Russland gefangen.

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Die zur Familie der Delfine gehörenden Meeresriesen sollen in Vergnügungsparks dienen (im Bild: SeaWorld Orlando).

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Sotschi/Wien - Der Handel mit Delfinen ist nicht unbedingt ein Geschäft, das mit Transparenz verbunden ist. Das haben jüngst japanische Fischer unter Beweis gestellt, als sie bei der umstrittenen jährlichen Delfinjagd in Taiji Planen zur Abschirmung vor Fotografen aufgestellt haben.

Von 250 in die Bucht getriebenen Delfinen sollen laut Tierschützern bereits Dutzende getötet worden sein. Das geschieht traditionell und legal nach japanischem Fischerrecht. Mehr als 50 wurden ausgewählt, um später in Delfinarien und Vergnügungsparks in der ganzen Welt Besucher zu unterhalten. Besonders ein gefangenes Albino-Junges dürfte laut Nicolas Entrup einen hohen Preis erzielen.

Der Tierschützer, der die Organisationen Whale and Dolphin Conservation (WDC) sowie OceanCare international vertritt, spricht von einer "Symbiose zwischen Fischerei und Vergnügungspark-Industrie. Es ist wahrscheinlich, dass einige der in Japan gefangenen Tiere bald auch in Sotschi zu sehen sind."

Vier Delfinarien

Denn die Region um die Stadt am Schwarzen Meer, in der in zwei Wochen die Olympischen Winterspiele starten, kann gleich mit vier Delfinarien aufwarten. Das erst im September 2012 rechtzeitig vor Olympia neu eröffnete "Dolphinarium" ist das bisher größte in ganz Russland. Dank der tierischen Attraktionen sollen Touristen auch nach Olympia nach Sotschi gelockt und unterhalten werden. Laut Entrup ist für 2012 der Verkauf von mindestens vier Delfinen von Japan nach Russland dokumentiert. Die endgültigen Bestimmungsorte sind nicht bekannt. 2013 sollen inoffiziellen Angaben zufolge 15 Tiere von Japan nach Russland transferiert worden sein.

Einem Delfin in Sotschi wird zweifelhafte olympische Ehre zuteil: Im Delfinarium "Sea Star" wird ein Tier quasi zum Fackelläufer auserkoren. Es soll einen die Fackel in der Hand haltenden Trainer drei Tage vor der Eröffnung durch ein kurzes Becken zerren. Der Trainer wird sich dabei an der Flosse des Delfins festhalten. "Das ist pervers", sagt Entrup dem Standard. "Dem IOC ist dringend geraten, ethische Grundregeln einzuführen und Projekte, die Tierleid verursachen, zu unterbinden."

Während Delfinarien und Wasserparks wie Seaworld vor allem in Europa und abgemildert in den USA in Kritik geraten sind und die Haltung von Delfinen insgesamt rückläufig ist, zeigt sich in Russland ein anderes Bild. "Die Märkte hier und in Japan boomen", sagt Entrup. Er führt das auch auf gestiegenen Wohlstand in den Regionen zurück. Der Umstand, dass einige für Wasserparks gefangene Tierarten streng geschützt sind, sei kein wirkliches Thema.

In England wurden hingegen nach Kritik von Tierschützern alle 30 Delfinarien geschlossen. Das letzte Schweizer Delfinarium schloss nach dem Tod von zwei Tieren innerhalb einer Woche Ende vergangenen Jahres seine Pforten. In Deutschland gibt es nach der Schließung des Beckens in Münster im Frühjahr 2013 nur noch zwei Delfinarien.

Orca in Sotschi erwartet

Der größte Coup von Sotschi in Sachen Delfinen steht bisher aber noch aus: Laut Tierschützern und Meeresforschern wurden seit August 2012 acht Killerwale, auch Orcas oder Schwertwale genannt, im Ochotskischen Meer im Osten Russlands gefangen genommen und nahe Wladiwostok verwahrt. Orcas gelten als die größten Delfine. Zwei von den Meeresriesen, die bis zu zehn Meter lang und einige Tonnen schwer werden können, sollten via Moskau rechtzeitig vor den Olympischen Spielen in Sotschi eintreffen.

Laut einem Twitter-Eintrag von Elena Krylova, der Pressesprecherin des Vnukovo Airport außerhalb von Moskau, war der Lufttransport der Orcas für Ende November vorgesehen - und wurde dann aber verschoben. Seither gab es diesbezüglich keine neuen Meldungen. "Es liegt uns jedenfalls keine Bestätigung vor, dass die Orcas in Sotschi eingetroffen sind", sagt Entrup. Bei einem Wildfang von Orcas in Russland 2003 ist laut Entrup ein Tier im Netz erstickt, das andere starb wenig später in einem Delfinarium.

"Die Entnahme der Tiere gefährdet das Überleben der Art in der Region", sagt Entrup und weist auf Japan hin, wo Orcas lokal als fast ausgerottet gelten. In den USA, Kanada, Island oder Argentinien, wo bisher Schwertwale gefangen wurden, werden laut Entrup keine Fanggenehmigungen mehr ausgestellt. Russland und Japan erlauben den Fang von jährlich bis zu zehn Orcas - auch wenn in den vergangenen Jahren die Quote nicht ausgenützt wurde oder ausgenützt werden konnte. Weltweit leben derzeit genau 54 Orcas in Gefangenschaft, davon 24 in den USA. (David Krutzler, DER STANDARD, 23.1.2014)