Wer den gelungenen Formel-1-Film Rush gesehen hat, wird es als ungerecht empfinden, dass Daniel Brühl trotz mehrfacher Nominierungen keinen der begehrten US-Filmpreise erhält. Seine schauspielerische Leistung ist nämlich nicht hoch genug einzuschätzen, gelingt ihm doch das Kunststück, Niki Lauda nicht nur täuschend echt darzustellen, sondern ihn auch bei aller zynischen Schroffheit durchaus sympathisch wirken zu lassen. Das schafft Brühl auch deshalb, weil er den Lauda der 70er-Jahre verkörpert, also zu einem Zeitpunkt, als dieser ganz auf den Rennsport fokussiert war und noch nicht das Bedürfnis verspürte, sich zu gesellschaftspolitischen Themen (Nichtwählen ist super; ich hasse Bücherlesen; Homosexuelle dürfen im Fernsehen nicht miteinander tanzen; etc.) zu äußern.

Die durch den Film ausgelöste Wahrnehmung als Sympathieträger dürfte Lauda aber nachhaltig irritiert und in ihm den Wunsch nach Korrektur geweckt haben. Zu diesem Zweck präsentierte er dieser Tage die einschlägig beleumundete Firma Novomatic als neuen Sponsor seiner Kopfbedeckung. Dass ein bis zur Knausrigkeit sparsamer Vernunftmensch ausgerechnet für ein finanzielles Harakiri-Vergnügen wie Automatenglücksspiel wirbt, wirkt ähnlich glaubwürdig, wie ein Aufruf zur Love-Parade aus dem Munde Ewald Stadlers. 

Welche geheimnisvolle Strategie der Auftraggeber liegt hier vor?

Vielleicht hat man sich an ein Zitat Laudas erinnert, der einst auf die Frage, warum er am brennenden Wrack des Fahrers Roger Williamson vorbeigefahren sei und nicht, wie etwa sein Kollege David Purley, versucht habe, den Verunfallten zu retten, antwortete: "Ich bin Rennfahrer und kein Feuerwehrmann." Die sich darin zeigende Grundhaltung entspricht jener der Glücksspielbranche zur Frage der Verantwortung für die volkswirtschaftlichen Kollateralschäden ihrer Tätigkeit. Ein Vergleich, der sich vor kurzem in Graz geradezu bildhaft manifestierte, als ein verzweifelter Spielsüchtiger sich vor einem Glücksspiellokal selbst verbrannte.

Oder ließ man sich von Rush inspirieren? Dem Film gelingt es, dass der Zuschauer voll Spannung den Verlauf von Autorennen verfolgt, deren Ergebnisse längst bekannt sind. Nach einem ähnlichen Prinzip kann man in zum Novomatic-Konzern gehörenden Wettbüros auf Hunderennen wetten, die nicht live übertragen werden, sondern bei denen es sich um Aufzeichnungen handelt. Ob die gezeigten Hunde also überhaupt noch am Leben sind, ist nicht gewiss. Wo der Hund begraben liegt, lässt sich jedoch erahnen.

Warum auch immer der Formel-1-Weltmeister engagiert wurde, nicht ausgeschlossen, dass man diesen Schritt noch bereuen wird. Denn möglicherweise wird das neue Testimonial zur Quelle zukünftigen Ungemachs. Ein Verdacht, der auf einer Auflistung von Laudas bisherigen Kappen-Sponsoren beruht. Diese gleicht nicht nur einer Ansammlung von wirtschaftlichen Abstürzen und Konkursen, sondern beeindruckt auch mit der hohen Anzahl ehemaliger Kapperl-Geldgeber, die mittlerweile Gefängnisstrafen verbüßen. 

Ob es sich hier um Zufall, einen bösen Fluch oder gar das Werk eines als Werbe­träger perfekt getarnten Saboteurs handelt, wird sich weisen. (Florian Scheuba, DER STANDARD, 23.1.2014)