Eine astronomische Sensation: Vor wenigen Tagen explodierte in der 11,4 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie M82 ein Weißer Zwerg.

Fotos: UCL/University of London Observatory/Steve Fossey/Ben Cooke/Guy Pollack/Matthew Wilde/Thomas Wright

In der Nacht auf den 22. Jänner entdeckten britische Studenten durch Zufall einen explodierenden Stern am nächtlichen Himmel über London. Die mittlerweile offiziell SN 2014J getaufte Supernova ist die nächstgelegene der letzten 27 Jahre. Ihr Aufscheinen in der Spiralgalaxie Messier 82 (M82) bedeutet ein wochenlanges Fest für Astrophysiker.

Supernovae sind unter Astronomen zwar gern gesehene kosmische Ereignisse, werden aber häufiger beobachtet, als man glauben mag: SN 2014J ist heuer bereits die zehnte Supernova. Was die aktuelle Sternenexplosion so bedeutend macht, ist ihr geringer Abstand zur Erde und ihr spezieller Typ. Mit nur 11,4 Millionen Lichtjahren Entfernung findet die Supernova praktisch in der kosmischen Nachbarschaft statt.

Noch näher ereignete sich die 1987 beobachtete Supernova SN 1987A. Damals beendete in der Großen Magellanschen Wolke ein Blauer Überriese von 17 Sonnenmassen in einem Dreifach-Sternsystem seine Existenz mit einer gewaltigen Explosion. Mit nur rund 160.000 Lichtjahren Distanz zur Erde war sie die nächstgelegene seit Keplers Supernova im Jahr 1604.

Supernova während Studenten-Workshops entdeckt

SN 2014J verdankt ihre Entdeckung einem Zufall: Eigentlich wollte Steve Fossey am Observatorium der University of London mit seinen Studenten Ben Cooke, Tom Wright, Matthew Wilde und Guy Pollack nur einen kurzen Workshop für praktische Astronomie abhalten. Nachdem sich der Himmel über London zu verziehen begann, beschränkte man sich auf Übungen mit der digitalen Kamera am 35-Zentimeter-Teleskop.

Als Zielobjekt wurde die helle und fotogene Starburst-Galaxie M82 auserkoren, zumal sich diese im noch klaren Anteil des Himmels befand. Schnell erkannten die Astronomen, dass im Bild ein Stern aufgetaucht war, den es davor noch nicht gab. Beobachtungen mit einem weiteren Teleskop unter Einsatz unterschiedlicher Filter erhärteten den Verdacht, dass es sich um eine Supernova handelte. Schließlich lieferte die International Astronomical Union (IAU) dank weiterer Untersuchungen durch andere Institute rund um den Globus die Bestätigung.

Mittlerweile weiß man, dass SN 2014J nur wenige Tage alt ist und erst das Anfangsstadium einer Supernova durchläuft; derzeit hat sie eine visuelle Helligkeit von 12 mag, daher benötigt man zumindest ein kleines Amateur-Teleskop, um sie mit eigenen Augen zu sehen. In den nächsten zwei Wochen sollte die Supernova aber ihre größte Helligkeit (man vermutet bis zu 8 mag) erreichen, dann dürfte schon ein herkömmlicher Feldstecher ausreichen, um die Sternenexplosion oberhalb des Großen Bären zu beobachten ("Universe Today" weist Hobbyastronomen den Weg dorthin).

Einmalige Chance für Astronomen

Für Astrophysiker bedeutet die Entdeckung eine einmalige Gelegenheit. Bisherige Analysen weisen SN 2014J als Supernova vom Typ 1a aus. Noch ist unklar, wie es zu einer solchen Supernova kommt, gemeinsam ist den gängigen Theorien, dass mindestens ein Weißer Zwerg, also ein Überbleibsel eines massearmen Sterns am Ende seines Lebens, darin eine Rolle spielt.

In einem der vorgeschlagenen Szenarien umkreist ein Weißer Zwerg einen anderen Stern, von dem er solange Material absaugt, bis Druck und Temperatur kritische Marken überschreiten; die Folge ist eine Explosion, die den Stern auseinander reißt. Eine andere These geht davon aus, dass zwei Weiße Zwerge einander umkreisen und schließlich ineinander stürzen, was ebenfalls zu einer Supernova führt. Dank der großen Nähe könnte SN 2014J den Wissenschaftern nun die Lösung dieses Rätsels liefern.

Abgesehen davon sind Supernovae des Typs 1a hervorragende Instrumente zur Distanzmessung im All. Als sogenannte Standardkerzen erreichen sie während ihres Maximums stets die selbe absolute Helligkeit, die visuelle Helligkeit verrät daher ihre exakte Entfernung. In den nächsten Wochen werden zahllose Astronomen ihre Fernrohre auf Messier 82 richten und so viele Daten wie möglich sammeln. Unter anderem erhoffen sich die Forscher davon neue Hinweise über die Natur der sogenannten Dunklen Energie. Diese theoretisch postulierte Kraft treibt das Universum mit ansteigender Geschwindigkeit auseinander. Wie hoch diese Beschleunigung tatsächlich ist, könnte SN 2014J klären helfen. (tberg, derStandard.at, 24.1.2014)