Die derStandard.at-User im Ressort Inland lassen sich dieser Tage gefühlt in zwei Gruppen einteilen: jene, die von den Akademikerball-Foren genervt sind, und jene, die jetzt zur Höchstform auflaufen. Beeindruckend ist, mit welcher Vehemenz die Debatten immer wieder neu geführt werden, denn am Sachverhalt hat sich wenig geändert.

... denken Sie jetzt vielleicht angesichts der Ereignisse von gestern Abend, aber bleiben Sie dran. In den Ball-Foren finden sich angeregte Diskussionen über Grundprinzipien des Staates – ja, wirklich!

Da wären zunächst einmal die Fragen, ob dieser Ball überhaupt stattfinden muss und, wenn es schon sein muss, warum ausgerechnet in der Hofburg. Dazu die Hofburgchefin Renate Danler in einem Interview aus dem Jahr 2012: "Ein Ball ist etwas Gesellschaftliches, wo Leute Freude empfinden sollten." Das sehen auch einige User so. Und überhaupt wird der Ball von der FPÖ veranstaltet, und die sitzt immerhin im Parlament, da sei nichts Verwerfliches dran. Würde man den Ball aus der Hofburg verbannen, wäre das politische Diskriminierung. Andere meinen, es komme sehr wohl auf den Kontext an und darauf, "dass sich es sich bei diesem Ball um einen ganz bestimmten Ball, der von ganz bestimmten Personen mit ganz bestimmten Absichten ausgerichtet wird, handelt", schreibt ein User. Sie sehen, es ist nicht so einfach.

Linksfaschisten, Rechtsfaschisten

"Wir sind die neuen Juden", sagte Heinz-Christian Strache auf dem WKR-Ball 2012 und meinte damit, dass die Ballgäste ähnlich verfolgt würden wie einst jüdische Bürger. Klaus Nittmann, damals Geschäftsführer des Freiheitlichen Bildungsinstituts und heute Abgeordneter im Bundesrat, ergänzte zu Strache: "Wer für diesen Ball arbeitet, der bekommt gleich den Judenstern aufgedrückt." Also: Die FPÖ, deren Mitglieder immer wieder einmal mit einem Naheverhältnis zu rechtsradikalem Gedankengut auffallen, fühlt sich jetzt als jenes Opfer, gegen das sich zuvor erwähntes Gedankengut richtet – small world!

Wer sind jetzt aber die Bösen? Die im Haus oder die vor dem Haus? Oder die vor dem Haus, aber nicht alle – und könnte das auch auf die im Haus zutreffen? Es ist kompliziert, und die User nehmen die Artbestimmung von Faschisten genau:


Zu keinem Ergebnis kommt das Forum auch in der Frage, was nun mehr schadet. Da gibt es den Ball, und der schadet vermutlich dem Ansehen der Republik. Es gibt die Demonstranten, und die verursachen Kosten, weil ein paar tausend Polizisten ausrücken müssen. Für beide stellt sich die Frage: Muss sich eine Demokratie das leisten können?

In Nordkorea dürfen sie Schal und Mütze tragen

Und schließlich: die Polizei – jedes Jahr ein großes Thema und dieses Jahr besonders, weil sie in der Innenstadt eine weitläufige "Begegnungszone" geschaffen hatte, zu der nur Polizisten, Ballbesucher und Anrainer Zutritt hatten – Verkehrsberuhigung im Schnellverfahren. Die Exekutive befürchtete, dass die jüngsten Straßenschlachten von Hamburg zum Exportschlager werden, weshalb umfassende Maßnahmen getroffen wurden:


Die Szenen vom letzten Jahr, als Ballbesucher von Demonstranten bespuckt und mit Farbbeuteln beworfen wurden, sollen sich nicht wiederholen, wie einige User finden, denn das schade der Sache. Ein Großteil der Demonstranten würde sich schließlich friedlich verhalten. Dass gleichzeitig jeder Bewohner der Innenstadtbezirke, der sich angesichts der winterlichen Temperaturen um seine Gesundheit sorgt, kriminalisiert wird, empört aber die Community. Manche User sehen jedenfalls den Polizeistaat gekommen und fragen sich, ob die Maßnahmen verhältnismäßig sind.

Auf Facebook machten unterdessen die neuesten Vermummungstrends die Runde. Furchteinflößend!


Der Wiener Akademiker Ball ruft viele Reaktionen hervor, weil es um Themen geht, die größer sind als der Ball: freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit, die Position der Gesellschaft gegenüber extremen Ansichten und die Rolle des Staates und der Polizei zwischen den Fronten. Sind Sie auf den Geschmack gekommen, sich ins Forengetümmel zu werfen? Wir hoffen schon. Die Diskussionen rund um den Wiener Akademikerball werden die Foren noch ein paar Tage auf Trab halten, und nächstes Jahr wird es wohl wieder einen Ball geben. Die wesentlichen Fragen sind dann bestimmt noch die gleichen, aber vielleicht haben Sie ja Lust, einzusteigen. (Florian Stambula, derStandard.at, 24.1.2014)