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Burgtheater-Chef Matthias Hartmann ist wie viele andere Kulturmanager in finanziellen Nöten.

Foto: APA/Jäger

Österreich ist bekanntlich ein Hochsteuerland mit einer der höchsten Abgabenquoten der Welt. Aber selbst die Einnahmen von 69 Milliarden Euro im Vorjahr haben nicht ausgereicht, um alle Staatsausgaben zu decken. Weitere sechs Milliarden Euro, oder zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes, mussten am Kapitalmarkt geborgt werden.

Dennoch gibt der österreichische Staat in vielen Bereichen zu wenig aus – und das auch dort, wo sich Ausgaben rentieren. Der von der neuen Regierung den Ministerien vorgeschriebene Sparkurs wird diese Situation noch weiter verschärfen.

Das Finanzfiasko am Burgtheater zeigt, wie sträflich die Republik seine Kultureinrichtungen vernachlässigt: die großen Theater, die Staatsoper, die Museen. Nach außen hin reicht es alles, um den Anschein einer großen Kulturnation zu bewahren und Touristen nach Wien zu locken. Aber hinter den Fassaden bröckelt es gefährlich.

Unis von osteuropäischem Zuschnitt

Von der Misere der Universitäten muss man gar nichts mehr schreiben. Jeder redet davon, dass Wissenschaft, Forschung und Hochschulausbildung der Schlüssel für zukünftiges Wachstum sind. Und dennoch leistet sich Österreich einen Universitätsbetrieb, der eher den maroden Einrichtungen in Osteuropa als den Top-Schulen in den USA, der Schweiz und anderen westeuropäischen Staaten gleicht.

Im Justizsektor ist die Überlastung der Staatsanwaltschaft ein entscheidender Faktor dafür, dass sich wichtige Wirtschaftscausen so lange ziehen. Und auch an den Gerichten fehlen die Ressourcen. Das gefährdet eines der wichtigsten Standortfaktoren des Landes: die hohe Rechtssicherheit.

Verteidigung ist kein Schlüsselgebiet für Österreich. Aber wenn man sich schon zur Verteidigung der Neutralität ein Bundesheer mit vom Wählervotum besiegelter Wehrpflicht leistet, dann muss man dafür auch etwas ausgeben. Die Zustände der Ausrüstung und der Einrichtungen im Heer sind vom sicherheitspolitischen und auch menschlichen Standpunkt ein Skandal.

Außenpolitik im Sparmodus

Ebenso schlecht geht es dem Außenamt, das Jahr für Jahr zurückschrauben muss, weil das Geld für Botschaften und Botschafter fehlt. Natürlich wäre ein Aufgehen unseres diplomatischen Dienstes im Außendienst der EU langfristig sinnvoll. Aber solange es eine nationale Außenpolitik gibt, brauchen wir dafür auch die Menschen, die diese betreiben.

Und so sehr man die Effizienz traditioneller Entwicklungszusammenarbeit auch grundsätzlich infrage stellen kann – solche bilateralen Projekte sind einer der Wege, in denen Staaten etwas Gutes tun und dabei weltweite Imagepflege betreiben können. Österreich tut dies immer weniger.

Wo immer man schaut, gibt Österreich zu wenig aus. Aber mehr kann das Land insgesamt nicht ausgeben. Denn weder sollte die schon sehr hohe Verschuldung steigen noch die ebenso hohen Steuern.

Zusätzliche Steuereinnahmen müssen zum Defizitabbau oder auch zur Reduzierung anderer Belastungen verwendet werden – etwa den Lohnnebenkosten. Das gilt auch für den derzeit unwahrscheinlichen Fall, dass sich die SPÖ mit ihrem Ruf nach vermögensbezogenen Erbschafts- oder Grundsteuern durchsetzt.

Geld wird an der falschen Stelle ausgegeben

Die Antwort ist klar: Österreich gibt an der falschen Stelle aus – zu viel für unnötige Unternehmensförderungen, zu viel für Frühpensionen, zu viel für eine doppelgleisige Verwaltung, zu viel auch für die Bürokratie in den Schulen, die trotz teurer Strukturen nur mittelmäßige Ergebnisse bringen.

Selbst in Einzelbereichen ist der falsche Einsatz der Ressourcen offensichtlich: Manche kulturelle Lieblingsprojekte wie die Ausstellungsräume in Prinz Eugens neu renovierten Winterpalais in der Himmelpfortgasse oder gewisse Sommer-Festspiele erhalten Millionen, andere müssen seit Jahrzehnten mit dem gleichen Betrag auskommen, der immer weniger wert wird.

Im Verteidigungsministerium fließt zu viel in Pensionen und Gehälter eines aufgeblähten Offizierskorps. Auf manchen neuen Schnellstraßen fahren nur vereinzelt Autos über den Asphalt, sodass man sich fragt, wer diese Bauentscheidung getroffen hat.

Und auch im an sich sehr gut dotierten Sozialsystem bekommen viele zu viel und andere, die es bitter brauchen würde, zu wenig.

Viele andere Beispiele finden sich in hunderten Rechnungshofberichten. Und doch tun die, die es in der Hand hätten, nichts dagegen – als wäre das ganze Land in einer Shakespeare-Tragödie gefangen, bloß ohne Blutvergießen. „Hamlet“ und „König Lear“ werden nicht nur auf der Burgtheater-Bühne gegeben. (Eric Frey, derStandard.at, 25.1.2014)