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Auf den Podien haben sich in Davos die Themen geändert. Man spricht nicht mehr von Krise, sondern von der Erholung. Eines blieb aber gleich: die Demonstrationen gegen die Veranstaltung.

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Das Wort Eurokrise ist heuer kein einziges Mal beim Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos verwendet worden. Von Erholung - vor allem in den USA und an den Aktienmärkten dieser Welt - wurde dagegen oft gesprochen, wobei die Vorsichtigeren den Zusatz "fragil" verwendeten. Zum ersten Mal seit der Lehman-Pleite vor rund sechs Jahren standen nicht mehr die Banker im Mittelpunkt und auch nicht mehr am Pranger. Wenn es um Krisen ging, dann um jene im politischen Bereich: Syrien, Nahost, Japan/China.

Erleichterung, manchmal schon Euphorie machte sich breit beim diesjährigen Treffen der Wirtschafts- und Politelite in den Schweizer Bergen; manchen stand die Erschöpfung noch ins Gesicht geschrieben. Zwar stellte der eine oder andere auf einem Podium die Frage, welche Lehren eigentlich aus der Finanzkrise gezogen wurden, intensive Debatten darüber gab es nicht. Politiker verwiesen in Diskussionen auf Vorschriften für höhere Eigenkapitalquoten und weitere Stresstests für Banken, Banker erzählten abseits der Podien, dass Investmentgeschäfte doch wieder lohnten.

Globale Veränderungen

Das alljährliche Stelldichein von 2500 Menschen aus aller Welt ist die wohl einzige Gelegenheit, globale Veränderungen im Jahresabstand wahrzunehmen. Die Vertreter der Brics-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) wurden nicht mehr als Stars wahrgenommen wie während der Finanzkrise, in der die Schwellenländer wichtige Impulse für die Weltwirtschaft geliefert haben. Plötzlich ist die Rede von den "zerbrechlichen fünf" - zusätzlich angefeuert durch von Argentinien ausgelösten Währungsturbulenzen. Japan feierte nach dem verlorenen Jahrzehnt dagegen ein Comeback auf der großen Bühne in Davos.

Weil nicht mehr alle im Krisenmodus unterwegs sind, wurde in Davos mehr als zumindest in den sieben Jahren davor über Kehrseiten der wirtschaftlichen Entwicklung gesprochen: Klimawandel, Arbeitslosigkeit und Ungleichheit. Fast jeder Konzernboss und Politiker sprach das Thema Arbeitslosigkeit an, was zumindest auf ein Problembewusstsein schließen lässt. Konkrete Lösungskonzepte waren indes wenige zu vernehmen.

Viel Unsicherheit war dagegen wahrzunehmen in Bezug auf technologische Veränderungen. Früher haben sich Innovationen alle 70 Jahre vollzogen, jetzt alle 18 Monate, erläuterte der MIT-Experte Erik Brynjolfsson, der sein Buch The Second Machine Age in Davos vorstellte.

Deutlich wurde dabei ein Wahrnehmungsunterschied. Die Amerikaner - hier vor allem die Vorstandsvorsitzenden von Technologieunternehmen - schwärmten um die Wette: Milliarden an Investitionen, Wachstumspotenziale im Gesundheitsbereich, Entwicklungshilfe via Handys - überhaupt: Die Zukunft ist mobil. Sogar der NSA-Affäre konnten sie Positives abgewinnen. Billionen, so zeigte eine WEF-Studie, müssten für den Datenschutz aufgewendet werde. Sicherheit sei einer der Wachstumsmärkte, meinte John Chambers, Chef des Infrastrukturkonzerns Cisco, trocken.

Roboter ersetzen Arbeiter

Die Europäer dagegen verwiesen darauf, dass immer mehr automatisiert werde, Roboter die menschliche Arbeitskraft ersetzten und Arbeitsplätze in Billiglohnländer ausgelagert werden.

Es war jedoch der ehemalige US-Finanzminister Larry Summers, der darauf verwies, dass die Arbeitsfrage auch Auswirkungen auf die Staatsfinanzierung habe: 80 Prozent der Steuereinnahmen in den USA basierten auf der Besteuerung des Faktors Arbeit.

Deutlich wurde vor allem das Ausmaß an Beschleunigung des disruptiven Wandels. "2014 ist der Wendepunkt im digitalen Zeitalter", prophezeite Yahoo-Chefin Marissa Mayer. Beim Treffen im nächsten Jahr in Davos wird sich zeigen, ob nun die Europäer oder die Amerikaner recht behalten haben. (Alexandra Föderl-Schmid aus Davos, DER STANDARD, 27.1.2014)