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Eine Vorreihung gegen privates Honorar ist verboten.

Mitte 2011 trat in Österreich eine Novelle des Bundesgesetzes über Kranken- und Kuranstalten (KUKAG) in Kraft. Darin wurden öffentliche und private gemeinnützige Krankenanstalten verpflichtet, für bestimmte Operationen transparente Wartelisten zu führen. Ziel dieser Änderung war es, eine Terminvergabe nach ausschließlich medizinischen Kriterien sicherzustellen.

Heute – zweieinhalb Jahre später – gibt es bei der praktischen Umsetzung nach wie vor Defizite, wie ein Test des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) in Wien und Niederösterreich aufzeigt: So hakt es bereits daran, dass noch nicht alle in den Test involvierten Spitäler ihre Wartelisten öffentlich zugänglich gemacht haben.

In fünf von zwölf getesteten Privatordinationen von Spitalsärzten gab es zudem Hinweise auf eine unerlaubte Umgehung der Warteliste. In vier Ordinationen wurde der Anschein erweckt, durch Zahlungen entweder einen schnelleren Termin oder einen "besseren" Service zu bekommen. 

Unerlaubte Vorreihung

"Untersuchungen und Beratung durch Spitalsärzte in deren Privatordinationen sind für Patienten ein zusätzlicher Service", so VKI-Gesundheitsexpertin Bärbel Klepp. Es sei jedoch nicht zulässig, wenn Ärzte den Eindruck erwecken, dass mit einem Besuch in der Privatordination kürzere Wartezeiten für Operationen erkauft werden können. Eine Vorreihung gegen Privathonorar oder als freundschaftliche Geste, so Klepp, sei nicht erlaubt.

Um zu klären, ob dies der Fall ist, ließ der VKI eine Testpatientin mit Hüftbeschwerden in zwölf von Spitalsärzten geführten Privatordinationen in Niederösterreich und Wien behandeln. Vom VKI wurde die Stichprobe aus jenen Ärzten ausgewählt, die in Spitälern mit einer hohen Zahl an Eingriffen an der Hüfte tätig sind und die darüber hinaus eine Privatordination betreiben. Die Testpatientin absolvierte jeden Ordinationsbesuch in Begleitung einer Zeugin.

Die Auswertung der Daten erfolgte in Kooperation mit drei Experten der Niederösterreichischen Patientenanwaltschaft, denen die Daten lediglich in anonymisierter Form ausgehändigt wurden. "Diese konnten also zum Bewertungszeitpunkt nicht wissen, um welche Ordination oder um welches Spital es sich konkret handelt", sagt Klepp.

Umgehung der Warteliste

Positiv: Es gab keinen einzigen Fall von "Kuvertmedizin". Jedoch wurden der Testpatientin in drei Fällen "Pauschalen" bis zu 1.000 Euro angeboten, die entweder eine schnellere oder eine persönlichere beziehungsweise bessere Betreuung in Aussicht stellten. In einem Fall wurde der Testerin eine Aufzahlung zur Sonderklassepatientin im Spital nahegelegt, um einen schnelleren Termin zu erhalten.

Auch die weiteren Ergebnisse haben es in sich: In fünf von zwölf Fällen liegen Hinweise vor, dass eine Umgehung der Warteliste Praxis sei. "So ist zum Beispiel die direkte Vergabe von Terminen durch den Arzt in der Ordination ein Indiz, dass hier die Wartelisten nicht gesetzeskonform geführt werden", so Klepp. Darüber hinaus attestierten die Experten in einem Fall den Verdacht auf versuchte Steuerhinterziehung und in einem weiteren Fall den Verdacht auf Beihilfe zum Abrechnungsbetrug.

Nachholbedarf bei OP-Wartelistenmanagement

"Die Testergebnisse lassen darauf schließen, dass es noch Nachhol- und Klärungsbedarf im Bereich des OP-Wartelistenmanagements gibt", resümiert Klepp. "Denn nach wie vor scheinen schnellere Operationstermine über den Umweg der Privatordination durchaus möglich. Auch die gesetzlichen Bestimmungen, die solche Fälle eigentlich verhindern sollten, wurden bisher nur lückenhaft umgesetzt: Von den zwölf Krankenhäusern, die in den aktuellen Test involviert waren, stellt nur ein Teil die geforderten transparenten Wartelisten bereit." So sind beispielsweise nur in den Spitälern der Niederösterreichischen Landeskliniken-Holding die Wartelisten auch im Internet abrufbar.

Der Test zeigt auch deutlich, wie unterschiedlich die Einstufung eines Akutfalls vorgenommen wird. "Um das vom Gesetzgeber anvisierte transparente Wartelistenmanagement zu gewährleisten, wäre es sinnvoll, objektive, für alle Ärzte und Spitäler verbindliche Einstufungskriterien zu definieren, wann ein Akutfall vorliegt", sagt Klepp abschließend. "Nur so kann gewährleistet werden, dass jene Patienten zuerst operiert werden, die auch den größten Leidensdruck haben, und nicht jene, die es sich leisten können." (red, derStandard.at, 27.1.2014)