Wien - "Das IOC hält alle Rechte an offiziellen Filmaufnahmen im Zusammenhang mit Olympischen Spielen. Für den folgenden Film wurde kein Filmmaterial zur Verfügung gestellt. Auch musste das ursprünglich vorgesehene Wort 'Olympia' aus dem Titel gestrichen werden. Der Film sei 'offenbar politisch motiviert'", informiert ein Insert am Beginn des Films Putins Spiele. Imagewerbung sieht anders aus.

Mit Feuerwerk und Jubel wurde am 4. Juli 2007 gefeiert, als Sotschi den Zuschlag zu Olympia 2014 bekam. Sieben Jahre später sieht die Sache etwas anders aus, zu sehen am Dienstag, 20.15 Uhr auf Arte und am 2. Februar im ORF um 23.05 Uhr.

Der Präsident setzte alle Hebel in Bewegung und versprach allen den Sporthimmel auf Erden. Aus dem Nichts stampfte er die Sportstätten aus dem Boden. Regisseur Alexander Gentelew zeigt die Hintergründe, wie der sommerliche Urlaubsort zum Austragungsort einer Winterolympiade werden konnte. Im ersten Wahlgang war Sotschi noch nicht erstgereiht.

Hinter dem Größenwahn stehen menschliche Schicksale. Für die neuen Hotels wurde gigantisch umgesiedelt. Die Eigenheime sind schon jetzt Baracken, teils ohne Warmwasser. Grund und Boden wurden einfach enteignet. Grundlage ist ein einberufenes Gesetz, das den Zugriff auf persönliches Eigentum im Interesse von Olympia erlaubt. Im Hintergrund stapeln sich die Müllberge.

Die Verwirklichung von Putins Märchenland hat Korruption neue ungeahnte Ausmaße angenommen. Kritiker werden verfolgt. "Ohne schlechtes Gewissen wird jedes Argument abgewürgt, das ein schlechtes Licht auf die Spiele werfen könnte, sagt Oppositionspolitiker Garri Kasparow.

Foto: ORF/ARD/MDR/Franz Koch

Die Rolle Österreichs ist alles andere als rühmlich. Putins Berater Karl Schranz nutzt seine Verbindungen für Lobbying. Strabag-Chef Hans Peter Haselsteiner und Seilbahnhersteller Michael Doppelmayr sind in Sotschi schwer im Geschäft. Der bedenkliche Umgang mit den Menschenrechten spielt bei solchen Entscheidungen keine Rolle.

Die Kombination aus Korruption, Gigantomanie und haarsträubenden Planungsfehlern führten zu einem Investment von 37 Milliarden Euro. Die Spiele von Vancouver, Salt Lake City und Turin kosteten zusammen rund 5,5 Milliarden Euro.

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Produziert von Satel-Film lässt sich Gentelew viel Zeit, um den Gegenstand der Doku zu zeigen: stadtgroße Baugruben, menschenleere Liftanlagen, spärlich befahrene Pisten und immer wieder den Kahlschlag in der Natur. Während der Spiele werden die Orte voll mit Menschen sein. Und nachher? "Das wird ein Friedhof", sagt der Politiker Boris Nemzoc. Der teuerste der Welt. (Doris Priesching, DER STANDARD, 28.1.2014)

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