Das am russischen Modul "Swesta" montierte hochauflösende Auge soll in wenigen Monaten detailreiche Aufnahmen von der Erdoberfläche liefern - gegen Gebühr auch von Regionen nach Wahl.

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Etwas über sechs Stunden verbrachten Oleg Kotow und Sergej Rjasanski bei ihrem Außeneinsatz im All.

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Zwei Kosmonauten haben am Montagnachmittag bei einem Außeneinsatz an der Internationalen Raumstation ISS zwei Kameras installiert, die in Zukunft jedermann einen detailreichen Blick auf die Erde ermöglichen sollen. Für die Montage der Video- bzw. Fotokameras, eine davon hochauflösend, sowie für das Einsammeln von Materialexperimenten und die Demontage eines Interface-Adapters brauchten Expedition-38-Kommandant Oleg Kotow und Flugingenieur Sergej Rjasanski sechs Stunden und sieben Minuten.

Beide am russischen Modul "Swesda" angebrachten Kameras sind Teil eines Werbevertrags zwischen einem kanadischen Unternehmen und Roskosmos, der Raumfahrtbehörde der Russischen Föderation. Die in Vancouver beheimatete Firma "UrtheCast" verspricht sich viel von den beiden Geräten und ist entsprechend enthusiastisch: Scott Larson, CEO von UrtheCast, verkündete am Dienstag nach mehreren Tests die erfolgreiche Installation des "weltweit ersten HD-Videofeeds mit Annähernd-Livebildern von der Erde".

"Wir wollen den Menschen einen Eindruck davon liefern, was bisher nur den Astronauten vorbehalten blieb", erklärte Larson. In den kommenden Monaten sollen die Kameras ausgiebig geprüft und kalibriert werden. Ab Juli oder August könnte die hochauflösende Webcam über die Website von UrtheCast zugänglich sein. Dann soll die HD-Kamera etwa 150 90-Sekunden-Clips pro Tag nur wenige Stunden nach ihrer Aufnahme liefern - und das bei einer Auflösung von einem Meter.

Regierungen können gegen Gebühr HD-Auge nutzen

"Das Gerät ist einzigartig", beschreibt Larson am Dienstag die von der britischen Firma Rutherford Appleton Labs (RAL) gebauten HD-Kamera "Iris" gegenüber dem "Calgary Herald". "Auf den Farbvideos werden Gebäude, Fahrzeuge, sogar Gruppen von Menschen gut zu erkennen sein." Doch die Hightech-Kameras sollen UrtheCast auch viel Geld einbringen: Das Unternehmen will sein hochauflösendes Auge gegen Bezahlung anderen Firmen, Regierungsbehörden oder Umweltschutzorganisationen zur Verfügung stellen, damit diese Erdregionen nach eigenem Gutdünken näher betrachten können. Mit ihren Kameras könne beispielsweise gezielt eine Kaffeeplantage in Mittelamerika, die Waldvernichtung in Indonesien oder eine Demonstration in einer Stadt gut beobachtet werden, meinte Larson.

Der aktuellen Erfolgsmeldung durch UrtheCast ging eine monatelange Zitterpartie voraus: Bei einem ersten Installationsversuch am 27. Dezember lieferte keine der beiden Kameras zufriedenstellende Bilder, die Kosmonauten Kotow und Rjasanski mussten die Geräte wieder abbauen und einpacken (derStandard.at berichtete). Die Auftragsarbeit kostete die Raumfahrer wertvolle Arbeitszeit, sodass andere Aufgaben unerledigt blieben. Roskosmos verkündete daraufhin, sollte der nächste Installationsversuch ebenso scheitern, dann werde es keine weiteren derartigen Montagearbeiten mehr geben. Daher wurde es für UrtheCast am Dienstag noch einmal spannend, als die kleinere der beiden Kameras erneut Verbindungsprobleme hatte. Diese dürften allerdings mittlerweile gelöst worden sein. (tberg, derStandard.at, 28.1.2014)