Wien - Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) kritisiert den Polizeieinsatz rund um den Akademikerball am vergangenen Freitag. Er wolle nicht den besserwisserischen Experten spielen - aber: "Man wird schon darüber reden müssen, wie dieser Polizeieinsatz in der Tat durchgeführt wurde", sagte er am Dienstag in einer Pressekonferenz. Dieser hätte anders ablaufen müssen, um Ausschreitungen zu verhindern.
Was die Wiener Polizei kann, habe sie etwa bei der Fußballeuropameisterschaft 2008, die auch in Wien ausgetragen wurde, bewiesen. Im Vorfeld des heurigen Akademikerballs habe man ja bereits gewusst, "dass insbesondere aus Deutschland Anarchistentrupps kommen", betonte Häupl.
Zehn Polizisten pro Vermummten
An besagtem Abend seien 200 Vermummte 2.000 Polizisten gegenübergestanden. "Ich will jetzt nicht banal rechnen, dass auf einen vermummten Anarchisten zehn Polizisten kommen, aber ich denke, dass man mit der Anzahl von Polizisten durchaus den Einsatz so gestalten hätte müssen, dass es nicht zu diesen Gewalttaten in der Wiener Innenstadt kommt", stellte der Bürgermeister klar. Man müsse hinterfragen: "Warum hat man die (Vermummten, Anm.) herumlaufen und sich mit friedlichen Demonstranten vermischen lassen?"
Häupl betonte, dass Gewalt grundsätzlich in einer Demokratie nicht argumentierbar, nicht rechtfertigbar und nicht akzeptierbar sei. "Vor diesem Hintergrund ist der anarchistische Gewaltimport, der zerstörend durch die Stadt gezogen ist, aufs Schärfste zu verurteilen", unterstrich er. Jüngsten Rücktrittsaufforderungen an Wiens Polizeipräsidenten Gerhard Pürstl schließe er sich aber - anders als die Sozialistische Jugend - nicht an.
Kritik an Umgang mit Journalisten
Kritik gab es auch an den Aussagen Pürstls in der ORF-Sendung "Im Zentrum", wonach das Platzverbot für Journalisten seit 20 Jahren gilt. Die APA-Datenbank widerlegt den Polizeipräsidenten. Demnach war lediglich im Vorjahr die Regelung die selbe wie 2014: So durften 2013 akkreditierte Medienvertreter in Begleitung eines Pressesprechers der LPD Wien laut Verordnung von 19.30 bis 20.30 Uhr in die Sperrzone hinein.
Im Jahr 2012 waren akkreditierte Medienvertreter in Begleitung ohne Zeitlimit vom Platzverbot ausgenommen. In den Jahren 2007 bis 2011 waren Journalisten laut den jährlich erlassenen Verordnungen gänzlich vom Platzverbot ausgenommen, bis inklusive 2008 waren auch keine Akkreditierungen erforderlich.
Bei den zu Zeiten der schwarzblauen Koalition heißen Demos gegen den Opernball zu Beginn des neuen Jahrtausends gab es Platzverbote und Akkreditierungen für Journalisten. Gegen Vorweis dieser Akkreditierungen war ein Betreten ebenso wie ein Verlassen der Sperrzone problemlos möglich.
DER STANDARD und derStandard.at haben - wie andere Medien auch - in einem offenen Brief die Arbeitsbedingungen für Journalisten am Abend des Akademikerballs kritisiert. (APA, 28.1.2014)