Im deutschen Bundesverteidigungsministerium verzögert sich die Entscheidung darüber, wer ab 2017 das IT-System der Bundeswehr betreiben soll. Eine ursprünglich bis Ende 2013 geplante Wirtschaftlichkeitsuntersuchung des Wehr-Ressorts werde nun erst zum Ende des ersten Quartals 2014 vorliegen, teilte das Finanzministerium dem Haushaltsausschuss des Bundestages in einem vertraulichen Schreiben mit, das Reuters am Dienstag vorlag. Bisher lagen Aufbau und Betrieb des IT-Projektes unter dem Namen "Herkules" bei Siemens und IBM, die 2007 den Mammut-Auftrag für Erneuerung und Betrieb von Telefonanlagen und Computersystemen im Volumen von gut sieben Milliarden Euro ergattert hatten.

"Herkules"-Folgeauftrag

Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung soll Grundlage für das weitere Vorgehen des Verteidigungsministeriums sein. Geprüft wird auf Bitten des Haushaltsausschusses allerdings auch die Möglichkeit einer Verschmelzung der zivilen IT-Infrastruktur der Bundeswehr mit den übrigen Netzen des Bundes. Ob der "Herkules"-Folgeauftrag ausgeschrieben oder anderweitig vergeben wird, ist unklar. Das Verteidigungsministerium muss die beiden Tochterfirmen von IBM und Siemens, die das IT-System derzeit betreiben, zum Ende der Vertragslaufzeit im Dezember 2016 kaufen. Danach bieten sich mehrere Möglichkeiten: Der Bund könnte die beiden Gesellschaften ohne öffentliche Ausschreibung direkt mit dem Weiterbetrieb beauftragen oder ihnen über eine Ausschreibung industrielle Partner an die Seite stellen, erklärte das Verteidigungsministeriums vor knapp einem Jahr. Der Bund könnte die Gesellschaften allerdings auch auflösen und mit ihren IT-Aufgaben in eine Behörde überführen.

Das 1999 vom damaligen Verteidigungsminister Rudolf Scharping initiierte "Herkules"-Projekt startete 2007. Es war das größte gemeinsame Vorhaben von öffentlicher Hand und Privatwirtschaft in Europa. Der Auftrag wurde auf zehn Jahre vergeben und war seinerzeit der größte Einzelauftrag von Siemens. Auf den Konzern entfiel ein Ordervolumen von rund 4,3 Milliarden Euro. Die gemeinsame Betreibergesellschaft BWI sollte an 1500 Standorten die nicht-militärischen IT-Systeme mit 140.000 PCs, 7000 Großrechnern, 300.000 Telefonen und 15.000 Handys aufrüsten. Siemens hat sich mittlerweile aber vom klassischen IT-Service verabschiedet und das Geschäft an die französische Atos Origin verkauft. Lediglich die "Herkules"-Spezialisten blieben beim Münchner Konzern.(Reuters, 28.1. 2014)