Es gab ihn schon im Mittelalter: den Syndikus, den Vertrauensanwalt einer Stadt oder eines Unternehmens, der zwar nicht angestellt, aber in alle wichtigen Entscheidungen mit eingebunden ist. Während in Deutschland der Syndikus auch heute eine häufige Erscheinung ist, hat er in Österreich inzwischen Seltenheitswert.

Angesichts der wachsenden Anforderungen auch an Klein- und Mittelbetriebe in Sachen Compliance sei die Zeit für ein Comeback dieser Institution gekommen, sagt Stefan Eder, Partner der Kanzlei Benn-Ibler Rechtsanwälte und selbst als Vertrauensanwalt für mehrere Unternehmen tätig.

Anders als ein gewöhnlicher Wirtschaftsanwalt sollte der Syndikus nicht nur bei rechtlichen Fragen beigezogen werden, sondern auch in Unternehmensprozesse eingebunden werden, sagt Eder. Damit könne er schon frühzeitig auf Risiken in der Compliance-Politik, etwa beim Thema Korruption oder bei drohenden Kartellrechtsverstößen, hinweisen. Das sei für einen unabhängigen Vertrauten leichter als für einen Dienstnehmer.

Lösbares Dilemma

"Unternehmensjuristen haben oft nicht genug Standing, und externe Anwälte sind nicht genug eingebunden und werden nur für bestimmte Causen zugezogen", beschreibt Eder das Dilemma, das ein Syndikus lösen sollte.

Denn als Anwalt sei er verpflichtet, bei Verstößen gegen das Gesetz seinen Klienten anzuzeigen. Das gebe ihm mehr Unabhängigkeit und Gewicht.

Gleichzeitig aber müsse ein solcher Anwalt "in alle kernunternehmerischen Prozesse eingebunden sein und ein unternehmerisches Verständnis haben", sagt Eder. "Er darf dem Unternehmen ja nicht im Weg stehen."

Entscheidend sei es dabei, das richtige Gleichgewicht zwischen ausreichender Sorgfalt und übertriebener Vorsicht zu finden. "Wenn man zu vorsichtig wird, dann kostet das viel, weil man Geschäfte nicht macht. Genauso teurer aber wird es, wenn man stets dem Druck nachgibt, bestimmte Geschäfte unbedingt machen zu müssen."

In Österreich seien Anwälte mit dieser Funktion am ehesten bei Banken und Versicherungen zu finden, in der Industrie und im Handel jedoch kaum. Doch gerade Kartellverfahren in vielen Branchen hätten gezeigt, wie teuer es Unternehmen zu stehen kommt, wenn juristischer Rat nicht in allen Entscheidungsprozessen eingeholt werde, betont Eder. "Man will auch als Anwalt das Risiko im Vorfeld vermeiden und nicht im Nachhinein die Probleme lösen."

Vertraulichkeit abgesichert

Gerade für mittelgroße Betriebe komme ein Syndikus, der auch andere Mandate annehmen kann, billiger als ein fest angestellter Unternehmensjurist; außerdem sei die Vertraulichkeit seiner Korrespondenz besser abgesichert als innerhalb der Gesellschaft.

"Gerade bei exportorientierten Unternehmen hat die Mehrregulierung der vergangenen Jahre zu 20 Prozent Mehrkosten geführt, bei Rechtsausgaben und in der IT. Wenn Sie eine Syndikusrolle richtig definieren, dann sparen Sie sich dieses Geld wieder ein." (Eric Frey, DER STANDARD, 29.1.2014)