Foto aus der Serie "Körpergalerie" (1974).

Foto: Grazer Kunstverein / Bauer

Graz - Eine junge Frau in Rock und Bluse umarmt innig einen kleinkindgroßen Buchstaben, als sei das K ein guter, wiedergefundener Freund. Das Schwarz-Weiß-Foto aus der Reihe Körpergalerie stammt aus dem Jahr 1974. Damals war es auch, als dem sogenannten Letterkünstler Josef Bauer zum letzten Mal eine große Personale in Graz, und zwar in der Neuen Galerie, gewidmet wurde.

In einem weiteren Bild der Reihe Körpergalerie mutiert das große K scheinbar zu einem Arbeitsgerät, wenn ein Mann mit einer geschulterten Spitzhacke und dem Buchstaben unterm Arm über Felder schreitet.

40 Jahre später würdigt nun der Grazer Kunstverein das Schaffen Josef Bauers. Der Bildhauer, ebenso Vertreter der konkreten Poesie, feiert, obwohl man es ihm gar nicht anmerkt, heuer seinen 80. Geburtstag.

Bauer war mit vielen seiner Arbeiten späteren Trends in der Kunst voraus, hielt sich aber immer bescheiden im Hintergrund, obwohl er bereits vor 30 Jahren international Beachtung fand.

Arbeiten wie seine "taktile Poesie", also eigentlich Dichtung, die man angreifen kann, erinnern ganz stark an die späteren Passstücke von Franz West. Andere Bilder, jene von Frauen, die sich in Stoffschläuchen versteckt umziehen, lassen an Erwin Wurms One Minute Sculptures denken.

In der Ausstellung Josef Bauer. Werke 1965-heute kann man anhand von 30 Arbeiten die Entwicklung des 1934 in Wels geborenen und heute in Gunskirchen bei Wels lebenden Bildhauers verfolgen. Auch in der Malerei und der Performancekunst ist Bauer seit Jahrzehnten daheim.

Im Kunstverein können die Arbeiten, die großzügig auf mehrere Räume aufgeteilt wurden, durchatmen. So etwa der über viele Jahre entstandene Raum der Büglerin: Ein Bügelbrett, das vor einer Wand steht, auf die scheinbar gerade erst ein paar Wäschestücke geworfen wurden, darunter Socken, Slip und Krawatte, die zusammen mit einem Bilderrahmen und einem Kruzifix eine seltsame Choreografie bilden.

Sprache und ihre Systeme

Die Ausstellung fügt sich in ein längerfristiges Konzept des Kunstvereins, in dem man alle paar Monate andere Arbeiten bzw. Positionen von Künstlern und Künstlerinnen untersucht, die sich mit Sprache und ihr verwandten Systemen auseinandersetzen. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 29.1.2014)