Wien - Das Thema Untreue (§153 Strafgesetzbuch) beschäftigt derzeit Juristen wie Manager. Am Donnerstag fällt der Oberste Gerichtshof (OGH) die Entscheidung in der Causa Libro - es geht um die Verurteilung u. a. von Ex-Libro-Chef André Rettberg 2011. Die Generalprokuratur hat die Aufhebung der Untreue-Urteile empfohlen, da bei der Vermögensverschiebung von einer 100-Prozent-Tochter zur Muttergesellschaft kein Schaden entstanden sei.

Auch Meinl-Anwälte und -Staatsanwälte warten sehr gespannt auf dieses OGH-Urteil. Die Anklage der Auszahlung einer Sachdividende im MEL-Komplex hängt, weil vergleichbar mit der Libro-Causa, auch von der Entscheidung der OGH-Richter ab.

In den Fokus von (Bank-)Managern ist der Untreue-Paragraf aber vor allem nach der Causa Styrian Spirit geraten. Da wurde Ex-Bankchef Wolfgang Kulterer wegen einer Kreditvergabe rechtskräftig wegen Untreue verurteilt. Diese Judikatur erschwere Kreditvergaben, argumentieren Banker nun; generell befürchten Manager eine Art Bremswirkung für "unternehmerische Entscheidungen", wie es bei einer parlamentarischen Enquete vorige Woche hieß.

Androsch für Korrektur

"Die Grenze zwischen Untreue und unternehmerischem Risiko wird immer diffuser, das braucht eine klarere Regelung", meint ein Wiener Anwalt. Er ist mit seiner Meinung nicht allein - eine Gruppe von (Ex-)Managern hat sich bereits zusammengetan, um Änderungen der Untreue-Bestimmungen anzustoßen. Hannes Androsch ist dabei, Ludwig Scharinger (vor seiner Erkrankung) und Horst Pöchhacker sollen dabei sein. Androsch: "Es geht nicht an, dass immer, wenn Risiko schlagend wird, ein Untreue-Urteil die Folge ist. Das gehört korrigiert."

Auch ein Gutachten soll beauftragt werden, der erste Kandidat ist aber ausgefallen: Strafrechtler Wolfgang Brandstetter wurde Justizminister. Er wird sich aber auch als solcher mit dem 153er beschäftigen. "Die Untreue wird in der Gruppe StGB 2015 (bereitet eine Strafrechtsreform vor; Anm.) diskutiert", heißt es im Ministerium. Brandstetter soll einer "Schärfung" des Tatbestands durchaus etwas abgewinnen können.

Die (Ent-)Schärfung könnte scharf ausfallen: Manche Befürworter einer Änderung der Untreue-Bestimmungen plädieren dafür, dass zum Befugnismissbrauch und Schaden persönliche Bereicherung als Tatbestandsmerkmal dazu kommen muss. (Renate Graber, DER STANDARD, 29.1.2014)