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Der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdogan muss den Wert der Lira und die Inflation in den Griff bekommen.

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Istanbul/Wien - "Bleibt stark, hebt nicht an", lautete der Rat, den die konservativ-religiöse türkische Zeitung Yeni Safak am Dienstag, wenige Stunden vor der Sitzung des Zentralbankrats, gab. Die Finanzmärkte erwarteten anderes. Allein die Ankündigung einer Sondersitzung der Zentralbank in Ankara hatte den wochenlangen Fall der türkischen Lira gestoppt und die Währung am Dienstag stabil auf ihrem Supertief gegenüber Dollar und Euro gehalten.

Doch Yeni Safak gilt als Sprachrohr des Amtsitzes von Premierminister Recep Tayyip Erdogan. Eine von den Märkten antizipierte Anhebung der Leitzinsen könnte der türkische Regierungschef wohl nur nach langem Zureden hingenommen haben. Erdogan und die ihm ergebenen Wirtschaftsmister - nicht so aber der Staatsminister für Wirtschaft, Ali Babacan - sperrten sich immer wieder gegen eine Verteuerung der Bankkredite, um Konsum und Wirtschaftswachstum im Land nicht zu gefährden. Doch nach 15 Prozent Verlust bei der Lira allein in den Wochen seit der Öffentlichmachung der Korruptionsermittlungen gegen die Regierung Mitte Dezember 2013, ist der Druck auf die Zentralbank gestiegen. Zudem richtete ein Rekordverkauf von drei Milliarden Dollar oder mehr am letzten Donnerstag nichts gegen den Verfall der Lira aus.

Alles werde angeschaut, alle Instrumente können genutzt werden, sagte Zentralbankchef Erdem Basçi vor der Sitzung und verkündete gleich schlechte Nachrichten: Die Währungshüter schraubten die Erwartungen an die Inflation in der Türkei in diesem Jahr von 5,3 auf 6,6 Prozent hinauf.

Unerwarteter Schritt

In Indien hat die Notenbank mit einer überraschenden Leitzinserhöhung die Landeswährung gestützt. Die Rupie kletterte um 0,7 Prozent auf einen Kurs von 62,65 pro Dollar. Die Notenbanker setzten den Zins von 7,75 auf 8,0 Prozent herauf. Grund für den unerwarteten Schritt waren kräftig steigende Preise. Zuletzt lag die Teuerungsrate bei 9,87 Prozent. Die Zentralbank will sie bis Jänner 2015 auf acht Prozent und ein Jahr später auf sechs Prozent drücken.

Die Rupie hatte in den vergangenen Tagen - wie viele andere Schwellenlandwährungen - an Wert eingebüßt, weil Konjunktursorgen und die Furcht vor einer raschen Straffung der US-Geldpolitik die Investoren verunsicherten. Am Dienstag beruhigte sich die Lage an den Devisenmärkten ein wenig. Der südafrikanische Rand entfernte sich von einem am Montag erreichten Fünf-Jahres-Tief. Der brasilianische Real konnte etwas Land gewinnen. Der Druck auf den argentinischen Peso bleibt aber stark (siehe Interview).

Ansteckungsmodus

Alexandre Tombini, Chef der Notenbank in Brasilien, sagte, dass Zinserhöhungen in der entwickelten Welt dazu führen werden, dass das Geld aus den Schwellenländern, den Emerging Markets, noch schneller abgesaugt würde. Zudem erhöhe das den Druck auf andere Notenbanken, ihre Geldpolitik zu straffen, um die Inflation in den Griff zu bekommen, so Tombini zur Financial Times. Gibt es Probleme, würden alle Schwellenländer über einen Kamm geschoren. "Wir sind voll im Ansteckungsmodus", sagt Benoit Anne, der bei der Société Générale für die Anlagestrategie in Schwellenländern verantwortlich ist. In der aktuellen Situation habe niemand Zeit, zwischen guten und schlechten Investments zu unterscheiden. "Im Moment heißt es einfach: Verkaufe alles."

Damit sind weitere Verwerfungen an den Märkten erwartbar. Schon in den vergangenen Tagen stieg die Volatilität an den Börsen wieder an. "Die Entwicklung an den Märkten vergangene Woche wird prägend sein für das ganze Jahr", mahnt Larry Fink, Chef des Vermögensverwalters BlackRock, bereits am Wochenende in Davos. (mab; bpf; Reuters, DER STANDARD, 29.1.2014)