Nach der Fußball-Europameisterschaft 2008 standen internationale Sicherheitsbehörden in Österreich Schlange, um das damals erfolgreiche Einsatzkonzept der Polizei zu erhalten. Vom Einsatz rund um den freiheitlichen Akademikerball in diesem Monat wird sich wohl niemand etwas abschauen wollen. Nun hat auch der Wiener Polizeichef Gerhard Pürstl zugegeben, dass er nicht mit allem zufrieden war. Vielleicht habe man angesichts der massiven Ausschreitungen in der Innenstadt "zu lange deeskalierend" taktiert, sagte er im Ö1-"Morgenjournal".
Wer dort war, hat natürlich nicht nur vermummte Randalierer und berstende Scheiben in Erinnerung, sondern auch Prügel und Pfefferspray-Fontänen, mit denen die Polizei auch gegen nicht gewalttätige Demonstranten und Medienvertreter vorgegangen ist. In diesem Zusammenhang klingt "zu lange deeskalierend" völlig deplaziert. Doch in Wahrheit ist es unfair, diesen Zusammenhang herzustellen. Denn was Pürstl gemeint hat, ist, dass die Polizei einer kleinen Demo-Gruppe schon früher hätte zeigen müssen, dass Schluss mit lustig ist.
Das Ziel, den Ball in der Hofburg zu schützen, war zu eng gesteckt. Die Absicherung der Riesensperrzone hat so viele Beamte gebunden, dass zu wenige für die Begleitung der Demo-Züge übrig waren. Pürstl weiß natürlich, dass man den Polizeitag nicht vor dem Evaluierungsabend loben soll. Auch wenn es sich um eine eher späte Einsicht handelt: Er lässt Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) jetzt im Regen stehen, hat sie doch den Polizeieinsatz schon mit "vorbildlich" benotet. (Michael Simoner, derStandard.at, 30.1.2014)