Die Gratis-Zahnspange hat nicht oberste Priorität, findet Klaus Vavrik, Präsident der Österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit. Er will, dass die Selbstbehalte für Kinder bei Therapien endlich fallen.

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Wien - In Sachen Planung gibt es beim Thema Kindergesundheit Fortschritte, die bekannten Defizite bestehen aber weiter. So fehlen nach wie vor 60.000 bis 80.000 Therapieplätze, konstatierte am Donnerstag die Österreichische Liga für Kinder- und Jugendgesundheit anlässlich der Vorstellung des Jahresberichts in Wien.

Großer Mangel

Präsident Klaus Vavrik sieht die Schwierigkeit vor allem darin, "Visionen und Ideen umzusetzen". Mit dem Kinder-Gesundheitsdialog, einer Strategie für Kinder- und Jugendgesundheit des Gesundheitsministeriums und der Aufnahme dieses Themas in die Rahmengesundheitsziele des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger seien Fortschritte erzielt worden.

An der Situation der Betroffenen ändere das aber wenig. "In Wien sind sechs Kassenstellen für Kinder- und Jugendpsychiatrie geplant. In Niederösterreich gibt es fünf. Es sollen dort 30 Stellen für Ergotherapie geschaffen werden, das Burgenland hat plötzlich die Logopädie für sich entdeckt. Aber der Mangel ist so groß, dass das ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Es fehlen 60.000 bis 80.000 Therapieplätze für Kinder und Jugendliche. Die Selbstbehalte stellen ein Hindernis dar. Es gibt 7700 Rehab-Plätze für Erwachsene, aber nur 50 für Kinder", sagt Vavrik.

Mit gemischten Gefühlen bewerten die Experten auch die Pläne von Gesundheitsminister Alois Stöger, in absehbarer Zeit eine flächendeckende Gratis-Versorgung für Kinder zu schaffen, die Zahnspangen brauche. "Das sind Aufwendungen von an die 100 Millionen Euro, wenn nicht mehr", sagte Vavrik. Oberste Priorität wäre die kieferorthopädische Gratisversorgung für alle Kinder nicht: "Das kann eine finanzielle Entlastung für Familien sein." Es gebe zielführendere Einsatzmöglichkeit für derartige Geldmittel: "Die Selbstbehalte für Kinder und Jugendliche bei den Therapien sollten einfach abgeschafft werden."

Wohlfühlen und Anerkennung

Die Kinderliga will in diesem Jahr besonders Bildung und Kommunikation in den Vordergrund stellen. "Menschen lernen nur dann, wenn sie sich wohlfühlen und von Anderen Anerkennung erfahren. Lernen geschieht ausnahmslos in Beziehungen", betonte Risikopädagoge Gerald Koller.

In Österreich gebe es hingegen eine Million Menschen, die durch das Bildungssystem nicht gefördert, sondern in ihrer Entwicklung geschädigt worden seien. Das mache eine breite und grundsätzlichere Bildungsdiskussion und Reformschritte notwendig als sie bisher existent wären. Ein Beispiel, so Koller: "In Dänemark verdienen Kindergärtnerinnen das Zweieinhalbfache dessen, was Kindergärtnerinnen in Österreich verdienen." Das zeige den Wert, den man diesem Bereich in nordischen Ländern zubillige. (APA, derStandard.at, 30.1.2014)