Zwillinge im ORF.

Foto: ORF

Ein Quell der Magie ist das Fernsehen nur noch selten. Das Unbekannte, in das es im Zeitalter der Unterinformiertheit Einblick gewährte, wurde von einer aufdringlichen Banalität verdrängt, die nur noch Einblicke bietet. Meist solche, um die man nicht gebeten hat. Dennoch ist das Mysteriöse nicht verschwunden.

Der ORF schürt es seit Jahren. Transportiert wird es nicht über die Qualität des Programms, es zeigt sich in perfiden Lückenfüllern, die uns Sehern Rätsel aufgeben: Es sind die Zwillinge.

Sie tauchen als Füllmaterial in den Werbeblöcken auf: kartendippelnde Opas, kickboxende Onkel, grinsende Kinder, spiegelgleiche Polizisten und dergleichen mehr.

Seit Jahren schielen sie vieräugig in unsere Wohnzimmer, jeder Gebührensklave kennt diese Paarungen, die mitunter an Bewohner abgeschiedener Täler erinnern. Und was dort in langen, dunklen Winternächten passiert, weiß nur Gott allein.

Aber was wollen uns die Zwillinge sagen? Dass auf ORF 1 dasselbe läuft wie auf ORF 2? Sind das Gescheiterte aus "Die große Chance"? Aus der "Soko Donau" gefischte Statisten? Eine Vermutung ist, dass sie auf die Dualität der ORF-Kanäle hinweisen sollen. Aber seit ORF 3 wäre das eigentlich hinfällig. Und so viele willfährige Drillinge werden sich nicht finden.

Auch die gute Laune der doppelten Lottchen und Ottchen erklärt sich nicht. Was bewerben sie? Betreutes Wohnen? Und wenn - wo meldet man sich an?

Vielleicht in diesem Laden, der schon so lange eine Kamera auf den Gehsteig hält, die willkürlich Passanten in unsere Wohnzimmer blicken lässt.

Noch so ein ORF-Rätsel. (Karl Fluch, DER STANDARD, 31.1.2014)