derStandard.at: Captain Cork geht von Bord des von ihm geprägten Weinportals neuen Stils - macht die Leber nicht mehr mit?

Klimek: Sie hat mir auf jeden Fall eindeutige Warnungen geschickt, kürzer zu treten. Es stimmt auch, dass ich in den letzten fünf Jahren so viele Weine verkostet und vor allem getrunken habe, wie davor mein ganzes Leben nicht. Da hat man auch mal genug von der tagtäglichen Berichterstattung über Wein und der Beschlagnahme des Lebens durch ein Getränk, dessen Vielfalt leider kaum Grenzen zeigt. Ich widme mich aber freilich weiterhin dem Wein, werde weiterhin über Wein schreiben - das vor allem in der "Welt am Sonntag" - und arbeite mit anderen branchenrelevanten deutschen Journalisten an einem neuen Online-Projekt über Wein, das sich sicher von Captain Cork unterscheiden wird. Fotograf bin ich ja auch noch - das hatte ich die letzten fünf Jahre fast vergessen.

derStandard.at: Wer übernimmt captaincork.com - und wer hat das Zeug zum neuen Käptn?

Klimek: Meine Anteile an Captain Cork hat ein strategischer Investor übernommen. Er und Marcus Johst, der ja Captain Cork erfunden hat und die Mehrheit der Anteile hält, werden wohl längst einen adäquaten Ersatz aufgestellt und verpflichtet haben. Freilich ist es schwer für dieses Medium, das ja sehr von meiner Art Journalismus geprägt wurde, einen neuen Captain zu finden. Ich würde deswegen raten, auf dieses System zu verzichten und der Autorität an Bord den verdienten Fußtritt zu versetzen. Captain Cork ist erwachsen genug, auch ohne Captain auszukommen.

derStandard.at: Ein Investor aus dem Medienbereich?

Klimek: Ein Investor, der bisher nichts mit dem Medienbereich zu tun hatte.

derStandard.at: Wie viele Menschen schauen denn so pro Tag/Woche/Monat vorbei?

Klimek: Darüber habe ich Stillschweigen versprochen. Ich kann aber guten Gewissens versichern, dass es viele tausend Unique Clients mehr sind, als man gemeinhin einem solch spezifischem Online-Medium zutrauen würde. Und dass Captain Cork zu meiner Zeit nicht nur periodisch das größte, sondern auch das einflussreichste deutschsprachige Online-Medium in Sachen Wein war.

derStandard.at: Was ist denn so ein Weinportal wert?

Klimek: Den Werbekunden war es auf jeden Fall ausreichende Schaltungen wert. Erst letzten November und Dezember konnten wir uns vor Anfragen kaum retten, weil man in der Branche begriffen hat, dass bei Captain Cork vor allem jene mitlesen, die man bei den alteingesessenen Weinmedien nicht mehr erreicht und auch nie erreicht hat. Captain Cork wird auch nach meinem Abgang vor allem jene Schichten ansprechen, die mit dem größtenteils verstaubten und oberlehrerhaften deutschen Weinjournalismus nichts anfangen können. Der Einfluss und die Unabhängigkeit sind der eigentliche Wert dieses Mediums, immerhin haben wir es mit dem Begriff "Arschjahr" sogar in die New York Times geschafft, die dieses Wort nun immer verwendet, wenn es um deutsche Weine aus 2010 geht.

derStandard.at: Kann man mit einem Weinportal Geld verdienen? Und wenn: Wieviel denn?

Klimek: Ja, man kann! Und man kann bestenfalls einige Menschen davon ernähren und dem Eigentümer einen gewissen Wohlstand garantieren. Ich halte das für sehr viel. So lebten viele Verleger früher und waren glücklich damit. Richtig reich werden kann man aber nur, wenn man die Macht der Marke auf den Markt wirft. Doch dann ist es wohl mit der Unabhängigkeit vorbei.

derStandard.at: Kann man daraus ableiten: Mit schmal kalkulierten, im weiteren Sinne journalistischen Onlineportalen lässt sich rasch Geld machen?

Klimek: Selbstverständlich. Und auch genügend Geld für eine Kreditkarte aus Platin und einen Sportwagen aus Stuttgart. Aber wohl nie so viel Geld, dass ein großer Verlag am Medium Interesse zeigen wird. Außer er schielt auf das Renommee der Marke. Und deren weitere Verwertbarkeit.

derStandard.at: Was tut Captain Klimek jetzt? Den Reibach versaufen? Mehr Rieden kaufen?

Klimek: Den Reibach versäuft vor allem das Finanzamt. Wie ich schon gesagt habe, bleibe ich bei meinen Leisten und werde mich aber auch mit meinem Partner mehr um das gemeinsame italienische Weingut kümmern, das gerade derart viel Beachtung erfährt, dass man es nicht weiter so nebenbei laufen lassen kann. Und dann habe ich noch die Rache meines Archivs, soll heißen: das längst fällige Fotobuch wartet. Ein österreichischer Verlag kommt dafür wohl kaum in Frage. (Harald Fidler, derStandard.at, 31.1.2014)