
Flammen des Widerstands werden in Schwarzweiß resignativ: Das Video „Burned Word" dokumentiert eine Aktion von Santiago Sierra.
Wien – Seit 15 Jahren kämpfen die Bürger in El Cabanyal, dem historischen Fischerviertel von Valencia, bereits gegen den Abriss des Stadtteils mit den zwar heruntergekommenen, kleinen, aber charmanten, bunt-mediterranen Residenzen aus der Zeit um 1900. Ungeachtet vorhandenen Denkmalschutzes, einem Urteil des obersten spanischen Gerichts, längst geplatzter Immobilienblase und der Finanzkrise, hält die Stadt aber an den Gentrifizierungsplänen – unter anderem dem Bau einer breiten Chaussee – fest.
Eine Perspektivlosigkeit auf die Künstler Santiago Sierra 2012 mit einem starken Bild reagierte: In Form großer Lettern verbrannte er das Wort Future. Von der Zukunft blieb nur ein Haufen Asche. Das Video zur Aktion im öffentlichen Raum zeigt keine widerständig lodernden Flammen, denn das Symbol des Protests hat Sierra im verwendeten Schwarzweiß gelöscht. Es ist ein trister, aber visuell intensiver Auftakt zur Ausstellung Places of Transisition im freiraum des quartier 21.
Der Zugang der Kuratoren Walter Seidl und Gülsen Bal ist induktiv, betrachten die ausgewählten Arbeiten doch sehr konkrete, lokale Aspekte des Wandels, deren meist politische Tragweite aber über den exemplarischen Fall hinausweist oder die sich auf globale Phänomene anwenden lassen.
So etwa Socialism Failed, Capitalism is Bankrupt. What comes Next?, eine Videoinstallation von Oliver Ressler, die vom Überleben in der Krise eines post-sozialistischen Staates erzählt. Er hat mit armenischen Händlern am größten Bazar Jerewats gesprochen. Ausgerechnet Bangladesh, nach dem Armenhaus Ostasiens, heißt dieser Markt an dem Tagesseinnahmen kaum fünf Euro betragen.
Sich Grenzen zu öffnen, um dafür andere hinter sich zu schließen; auf diese sehr gängige Praxis der Abschottung verweist Vikenti Komitski mit seiner mobilen Pop-Up-Wall: Zwar haben sich Bulgaren den Arbeitsmarkt im EU-Raum erobert, wehren aber mit einem 30- Kilometer-Zaun nun den syrischen Flüchtlingstrom ab.
Genau daran schließt Dein Land existiert nicht an, ein Neonschriftzug von Libia Castro und Ólafur Ólafsson an der Fassade:_Es geht um die, auch durch neoliberaler Arbeitsmarktzwänge bedingte Zunahme von Migrationsströmen. "Dein" Land? Diese Identifikationsgröße ist irgendwann keine Dimension mehr. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 1./2.2014)