St. Pölten - Ein Praktikum im Ausland, Zivildienst oder Au-pair-Mädchen sein: Um die Welt besser kennenzulernen und dabei sinnvolle Taten zu verrichten, zieht es junge Leute seit jeher hinaus in die Welt. Schon zu Zeiten der Merowinger, eines fränkischen Königsgeschlechts des Frühmittelalters, bewog es Menschen zu rechtschaffen-abenteuerlichem Tun.

Ein solches Manöver hat Franz Grillparzer in Weh dem, der lügt! verarbeitet: Der Küchengehilfe Leon bietet seinem Herrn, dem Bischof Gregor von Dijon, an, sich im germanischen Feindesland einzuschleusen, um dort den Neffen Atalus aus der zu Unrecht verlängerten Kriegsgefangenschaft heimzuholen.

Am Landestheater Niederösterreich bringt diese Idee die müden Augen des introvertierten Bischofs (Florentin Groll in einer Doppelrolle: auch als Graf Kattwald) zum Staunen. Die ganze Sache müsse aber, das empfiehlt die Moral eines Geistlichen, gänzlich ohne Lügen vor sich gehen. Schließlich meint Lügen nichts anderes als zu sündigen.

Alexander Charim inszeniert Weh dem, der lügt! als Spritztour eines zeitgenössischen Jugendlichen im Biedermeierkleid (aufgeweckt: Jan Walter), dem angesichts des Werteverfalls (schlechtes Essen, halbherzige Versprechen) die Grausbirnen aufsteigen.

Auf seiner nicht risikolosen Reise kippen die Kulissenwände, Idylle existiert fortan nur mehr auf Gemälden (Bühne: Ivan Bazak), der Rest liegt in Schutt und Asche. Daraus entsteht bekanntlich Neues: Liebe zur Feindestochter Edrita (überzeugend: Swintha Gersthofer als scharfsinnig-mutige höhere Tochter). Die Mission gelingt.

Man konnte in dieser kurzweiligen Jugend-forscht-Version ganz gut ohne breitere politische-humanphilosophische Scharmützel auskommen: In einer schnellen, dennoch genauen Arbeit hat das Innenleben der Figuren Bände gesprochen. (Margarete Affenzeller, DER STANDARD, 3.2.2014)