Bild nicht mehr verfügbar.
"Der junge Mann ist bekehrt", sagt Marko Feingold.
Salzburg - Zwischen den beiden liegen 80 Jahre: Marko Feingold, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Salzburg, feiert im Mai seinen 101. Geburtstag. Feingold stattete am Montag einem 21-Jährigen in der Salzburger Justizanstalt einen Besuch ab. Der junge Mann wird verdächtigt, gemeinsam mit einem zweiten Verhafteten serienweise rechtsradikale Schmieraktionen begangenen zu haben. Unter anderem wurden in der Stadt Salzburg rund 70 Stolpersteine - im Boden eingelassene Gedenksteine für Nazi-Opfer - geschändet.
Die beiden Männer wurden im Herbst vergangenen Jahres verhaftet. Während der eine - wie aus Polizeikreisen zu erfahren ist - wenig Einsicht zeigt, wandte sich der Zweite mit einem Entschuldigungsbrief an Feingold. Für Feingold, der vier KZs überlebt hat, Anlass genug, den Verdächtigen in der U-Haft zu besuchen.
"Es hat eine Stunde gedauert", berichtet Feingold im STANDARD-Gespräch. "Ich bin überzeugt, er ist bekehrt." Der junge Mann habe zugesagt, "er will behilflich sein, dass mit den Schmierereien Schluss ist". Feingold ist überzeugt, dass die Entschuldigung ernst gemeint ist und der Brief an ihn "ohne Einflüsterer" verfasst worden sei. Mehr wolle er nicht erzählen. "Wir haben vertraulich gesprochen."
Spontane Mahnwache
Nur ein Detail gibt Feingold noch preis: Er sei als Zeitzeuge regelmäßig an allen Salzburger Schulen und habe sich gewundert, dass ihm der Häftling im Schulunterricht nie begegnet sei. Die Erklärung liefert einen Einblick, wie junge Menschen in die rechte Szene geraten können. In schwierigen Familienverhältnissen aufgewachsen, wurde er als aggressiver Schüler in die Sonderschule abgeschoben. Sozialen Anschluss dürfte er erst in der Szene gefunden haben.
Trotz der Verhaftungen sind inzwischen in Salzburg zahlreiche weitere rechtsradikale Schmieraktionen verübt worden. Wie vom STANDARD berichtet, waren ein Mahnmal am Kommunalfriedhof, das Parteihaus der KPÖ und die Salzburger Synagoge Ziele der Vandalen. Bei einer spontan organisierten Mahnwache vor der Synagoge am Wochenende protestierten mehr als 100 Menschen gegen die rechten Umtriebe. (neu, DER STANDARD, 4.2.2014)