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Gestaltungsspielraum nützen, sagt Wifo-Chef Karl Aiginger.

Foto: APA/Herbert Neubauer

Wien – Vor einer Verfestigung der Arbeitslosenrate auf hohem Niveau warnte Wifo-Chef Karl Aiginger. Auf die aktuelle Lage sollten Arbeitsmarktservice und Politiker mit intelligenten Formen der Teilzeitarbeit reagieren – etwa für Ausbildung oder Familienzeiten, Weiterbildung von Geringqualifizierten und Entlastung des Faktors Arbeit. Von Beschäftigungsprogrammen rät er ab, sie seien angesichts des erwarteten Aufschwungs im zweiten Halbjahr auch nicht mehr besonders sinnvoll, sagte Aiginger am Montag im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Der österreichische Arbeitsmarkt sei "dreifach ineffizient" : Es gibt Facharbeitermangel und mehr unqualifizierte Arbeitslose, höhere Beschäftigung und höhere Arbeitslosigkeit sowie unfreiwillige Teilzeit und Bedarf an Freizeit bei Leistungsträgern.

Wiewohl es wegen der Budgetkonsolidierung keine Chance auf eine große Steuerreform gibt, rät Aiginger dringend zur Senkung der Arbeitskosten. Allein aus Gründen der Symbolik sollte ein Anfang gemacht werden – inklusive einer Vereinheitlichung der Tarif für Sozialversicherungsabgaben und Lohnsteuersatz geben.

Da eine Senkung des Eingangssteuersatzes niedrige Einkommen nicht entlaste, müssten die Sozialversicherungsabgaben für Personen unter dem Medianeinkommen (24.000 Euro pro Jahr) gesenkt und die entstehende Lücke über eine Art "Finanzausgleich für die Sozialversicherungen"  aus dem Budget finanziert werden. "Ein Hunderter pro Arbeitnehmer und Jahr sollte so möglich sein" , rechnet Aiginger vor.

Die Alternative, nichts zu tun, aber Steuern und Abgaben zu erhöhen, stehe in krassem Widerspruch zu den Versprechungen in den vergangenen 15 Jahren, den "Faktor Arbeit"  zu entlasten.

Auf der Einnahmenseite schlägt der Wifo-Chef "echte Maßnahmen zur Verwaltungsreform"  vor. Die brächten zwar keine Milliarden, aber Schritt für Schritt sehr wohl Effekte. "Das Tal der Angst muss durchschritten werden: Angst vor Sozialabbau darf kein Grund sein, niedrige Einkommen nicht zu entlasten; das ist ungerecht und vernichtet Arbeitsplätze."

Als Beispiel für Einzelmaßnahmen nannte er das sogenannte Dienstwagenprivileg, also die steuerliche Begünstigung von Dienstwagen; kostet pro Jahr 1,6 Milliarden Euro). Auch beim Heeresbudget, dessen Schrumpfung seit Jahren beklagt werde – ohne Gegenzusteuern. Kostenbrocken wie ineffiziente Heeresspitäler oder leer stehende Kasernen seien nie beseitigt worden, mahnte Aiginger. In geringerem Ausmaß könnte auch über Energie-, Tabak- und natürlich Grundsteuern gegenfinanziert werden. Insgesamt dürfe die Abgabenquote aber nicht steigen, mit 45 Prozent sei man bereits Spitze in der EU.

Den Stichtag 15. Februar für die Anhebung der Normverbrauchsabgabe für Neuwagen kritisiert Aiginger scharf: Es werde heuer kaum Einnahmen geben, weil die meisten Wagenkäufe auf dem Papier wohl vor dem 14. Februar stattfinden würden. "Zumindest eine Anzahlung hätte verlangt werden müssen."  (ung, DER STANDARD, 4.2.2014)