Die für innere Sicherheit zuständige EU-Kommissarin Cecilia Malmström hielt sich nobel zurück, als es bei der Präsentation ihres ersten EU-weiten Korruptionsberichtes darum ging, einzelne Länder zu qualifizieren. Sie wolle nicht eine Rangliste des Bösen vorführen, sondern dazu beitragen, dass Verbesserungen in den einzelnen Bereichen und Staaten erfolgen.

Ein gutes Argument, prinzipiell wichtig und richtig. Es kann nicht Aufgabe einer EU-Institution sein, die Mitgliedsländer gegeneinander auszuspielen, sie plakativ in gute und böse einzuteilen. Dennoch wäre es naiv, so zu tun, als ließen sich aus der Unzahl von Daten und Länderberichten keine allgemeinen Schlüsse ziehen, wie es um Bestechung, Schmiergelder, Steuermoral oder Steuergeldmissbrauch in den Nationalstaaten der Union bestellt ist.

Es gibt offensichtlich ein starkes Nord-Süd-Ost-Gefälle, wie die Bürger der von Korruption meistbetroffenen Staaten auch bestätigen. Umgekehrt scheinen die Nordländer einigermaßen "sauber" zu sein – zumindest relativ gesehen. Kein EU-Land ist völlig frei von Korruption. Dennoch stellt sich nun die Frage, welche Konsequenz die Kommission aus den von ihr gewonnenen "heißen" Erkenntnissen zieht. Eine Aktion, ein gemeinsames Handeln auf EU-Ebene – gegenseitige Kontrolle, Transparenz – wäre wohl angesagt. Es kann ja wohl nicht sein, dass man Staaten erst vorführt, aber sie dann wieder allein weitermachen lässt. (DER STANDARD, 4.2.2014)